Philosoph: Vertrauen in Wissenschaft durch sachliche Diskurse stärken
Wie gelingt die Gratwanderung zwischen destruktiver Skepsis und einem notwendigen Maß an Zweifel und Kritik in der Wissenschaft? Allein durch den sachorientierten und zugleich hart geführten Diskurs, der dem Gegenüber zugleich die Möglichkeit einräumt, recht zu haben. Das hat der Schweizer Philosoph Prof. Martin Hartmann bei einem Vortrag am Mittwoch im Rahmen der Salzburger Hochschulwochen betont. "Wirklicher und lebendiger Zweifel ist sachbezogen und nicht Attitüde." Eine "unaufrichtige Skepsis" hingegen sei eine Form des Zweifels, die das Gegenüber und alles Streben nach Erkenntnis und Wahrheit als bloßes Für-Wahr-Halten delegitimiere. Es brauche einen "robusten Pluralismus", so Hartmann.
Hintergrund war die Feststellung, dass der Wissenschaftsbetrieb einer grassierenden und destruktiven Form der Skepsis etwa im Zuge der Corona-Pandemie mit stärker wertbasierten Diskussionen zu begegnen versuche. "In der Wissenschaftskommunikation wird dabei nicht mehr so sehr auf Evidenz abgestellt, sondern auf die Frage nach dem jeweiligen Werthorizont". Er halte dies jedoch für keine zukunftsfähige Strategie, führte Hartmann aus: Das Werben um mehr Vertrauen in die Wissenschaft werde "das Problem überschäumender Skepsis" nicht lösen.
Journalist Renner: Rasanter Wandel der Medienwelt
Einblicke in den rasanten Wandel der Medienwelt und die Entwicklung des öffentlichen Diskurses unter dem Einfluss digitaler Kommunikation und Social Media bot der Journalist Georg Renner. Durch die technische Entwicklung, den Aufstieg der Social Media und der Online-Kommunikation habe der klassische Journalismus heute keine "Gatekeeper-Funktion" mehr - heute sei potenziell jeder Mediennutzer immer auch Sender und Informationsgeber. Dies beschleunige und verlebendige die Kommunikation und den Diskurs nicht nur, es trage auch die Gefahr einer "Verinselung der Öffentlichkeit" und eines Vertrauensverlustes in den Wert öffentlicher Diskurse in sich ("Fake News"). Vertrauen sei zu einer wichtigen neuen Währung wie in der Vor-Gutenberg-Zeit geworden, so der Journalist.
Renner empfahl an dieser Stelle, die nicht absehbare weitere Entwicklung im Bereich der Medien mit mutigen Formen der Regulierung etwa im Blick auf die Macht von Algorithmen, mit einer Förderung und Sicherstellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und einem kritischen individuellen Mediennutzungsverhalten zu begleiten. "Durch das neue Zeitalter sind wir alle zu Gatekeepern geworden. Ob das gut oder schlecht ist, werden wir sehen ..."
Mit den Vorträgen von Hartmann und Renner starteten die Salzburger Hochschulwochen in ihren dritten Tag. Sie stehen heuer unter dem Generalthema "Fragiles Vertrauen - Eine kostbare Ressource" und dauern noch bis 4. August. Am Mittwochabend findet mit der Verleihung des "Theologischen Preises" für ein Lebenswerk an den Kölner Theologen und Religionsphilosophen Hans-Joachim Höhn ein erster Höhepunkt der heurigen "smarten Sommerfrische" statt. (Infos: www.salzburger-hochschulwochen.at)
Quelle: kathpress