Salzburg: "Hoffen wider aller Hoffnung" im Fokus der "Disputationes"
Der Mensch kann und darf trotz aller Unsicherheit und Ungewissheit hoffen - "dieses Hoffen steht im Zentrum des Glaubens an Gott von Anfang an": Das hat der Salzburger Erzbischof Franz Lackner am Montag bei der Eröffnung des Symposions "Disputationes" betont, das heuer das Thema "Et exspecto" ("Und ich erwarte") aufgreift. "Ungewissheit gehört wesentlich zum Menschsein" und sei auch Teil des Glaubens, wird Lackner in einer Aussendung der Erzdiözese Salzburg zitiert. Die "Disputationes" sind Teil der "Ouverture Spirituelle" - der Auftaktwoche der Salzburger Festspiele; im Fokus stehen heuer die Aspekte "Ungewissheit, Zuversicht, Verheißung". Bis Mittwoch halten Referentinnen und Referenten aus Wissenschaft, Kunst und Kultur Impulsreferate und vertiefen in Podiumsgesprächen die Themen.
Zum Auftakt der Veranstaltung diskutierten am Montag Sozialpsychologe Andreas M. Krafft, Meteorologin Helga Kromp-Kolb und Philosophieprofessorin Catrin Misselhorn mit dem Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Salzburg Dietmar W. Winkler über die Bewältigung der aktuellen Krisenzeit. Unter den Zuhörenden waren etwa die Äbtissin emerita Perpetua Hilgenberg, die ehemalige Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler und Ex-EU-Kommissar Franz Fischler.
"Vielleicht lässt sich also sagen, am Ende sei nichts gewiss, nicht einmal die Ungewissheit", betonte Lackner. Auch der Glaube sei mit Ungewissheit und Zweifel konfrontiert. Die Hoffnung sei es schließlich, die den Glauben trotz Zweifel möglich mache, erklärte der Salzburger Erzbischof, der dabei u.a. "Sperare contra spem" zitierte, (dt.: Hoffen wider alle Hoffnung"). "Dies ist bereits mit Abraham grundgelegt, wie Paulus einst an die Römer schrieb (Kapitel 4,18)", so Lackner weiter.
Festspielintendant Markus Hinterhäuser würdigte die "Disputationes" als wertvolle Reflexionsräume über existenzielle Fragen. Das dreitägige Symposion bezeichnete er als "Kostbarkeit der Salzburger Festspiele".
Kollektive Hoffnung und Vertrauen ineinander
Der Ökonom, Sozialpsychologe und Zukunftsforscher Andreas M. Krafft hob in seinem Vortrag die Bedeutung kollektiver Hoffnung und gegenseitigen Vertrauens hervor, um eine bessere Zukunft zu gestalten. "Wir brauchen andere Menschen und wir brauchen Hoffnung, um die Krisen der heutigen Zeit bewältigen zu können", betonte der aus Argentinien stammende Sozialpsychologe.
In Richtung der jüngeren Generation meinte der Zukunftsforscher: "Wir müssen junge Leute nicht vorbereiten auf die Zukunft, sondern sie dafür befähigen." Dabei stellte sich aber auch die Frage nach dem Sinn im Leben und der Hoffnung. Letzteres hänge mit der Zuversicht zusammen, dass sich aus einem Wunsch ein Glauben entwickle, "dass es möglich ist, dass sich der Wunsch erfüllen lässt". Wer daran glaubt, dass es eine Möglichkeit gibt, werde eher etwas dafür tun, so Krafft.
Lösungsorientiert ins Tun kommen
Die emeritierte Universitätsprofessorin für Meteorologie und Klimatologie an der Universität für Bodenkultur in Wien forderte lösungsorientiertes Handeln gegen die Klimakrise. "Wir können es uns nicht leisten, uns lähmen zu lassen von der Angst und nichts zu unternehmen", so Kromp-Kolb in ihrem Vortrag und zeigte sich überzeugt: "Wir können etwas tun."
Kunst in Zeiten von "Künstlicher Intelligenz"
Über die Frage, ob "Künstliche Intelligenz" (KI) das Ende der Kunst sei, sprach die deutsche Philosophieprofessorin der Universität Göttingen, Catrin Misselhorn. Ästhetische Verantwortung, Subjekt und zielgerichtetes Handeln seien Kriterien für Kunst. Insofern seien viele mithilfe der KI generierte Werke eigentlich "Fake Art". Misselhorn hoffe einerseits auf die Kunstpraxis selbst, Wege zu finden, die Fälschungen zu enttarnen und echte Kunstpraxis weiterhin zu etablieren. Andererseits gelte es, die KI dort einzusetzen, wo es noch keine Problemlösungen gibt.
Traditionsreicher interdisziplinärer Diskurs
Die "Disputationes" sind seit 12 Jahren fixer Bestandteil der "Ouverture Spirituelle", der Auftaktwoche der Salzburger Festspiele. Beim dreitägigen Symposion wird eine wissenschaftliche, interdisziplinäre Ausleuchtung des jeweiligen Themas der "Ouverture Spirituelle" vorgenommen.
Am zweiten Tag (23. Juli) stehen heuer Fragen zu Zuversicht und Hoffnung im Fokus der Vorträge und Gespräche. Zu Wort kommen der deutsche Autor Lars Amend ("Aufgeben ist keine Option!"), die Journalistin Nermin Ismail ("Hoffnung als Privileg") sowie die Baseler Philosophin Barbara Schmitz ("Man hofft nie genug"). Am dritten Tag unter dem Titel "Verheißung" sprechen u.a. der Grazer Theologe und Philosoph Prof. Reinhold Esterbauer ("Hoffnung wider alle Hoffnung"), die Medienpsychologin Prof. Martina Mara ("Mythos Künstliche Intelligenz") und der renommierte Schriftsteller und Publizist Ilija Trojanow ("Was wäre, wenn...").
Seit ihrer Gründung 2012 sprachen bei den "Disputationes" bei 45 Veranstaltungen bereits 125 Vertreterinnen und Vertreter der großen Weltreligionen sowie Persönlichkeiten aus Kultur und Wissenschaft über die Wirkung von Kultur und Religion auf den Menschen. Ein jährlich produzierter Sammelband bündelt Vorträge und Diskussionsbeiträge der jeweiligen "Disputationes". Zehn Publikationen gibt es bereits zu dieser Veranstaltungsreihe.
(Info: www.disputationes.at)
Quelle: kathpress