Tück zu Trump und Biden: Gott nicht politisch instrumentalisieren
Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück warnt davor, die göttliche Vorsehung politisch zu instrumentalisieren. "Niemand kann Gott in die Karten schauen. Auch der Präsident der Vereinigten Staaten nicht", schreibt der Dogmatikprofessor in einem Beitrag für das theologische Magazin "Communio"-Online am Mittwoch. Hintergrund dafür sind aktuelle Aussagen von Donald Trump und Joe Biden. So hat der Ex-Präsident und republikanische Präsidentschaftskandidat Trump das gescheiterte Schussattentat mit dem Wirken Gottes verbunden ("Gott allein hat das Undenkbare verhindert"). Der derzeitige Amtsinhaber Biden wiederum hatte jüngst angekündigt, er würde seine mittlerweile umstrittene Kandidatur nur dann zurückziehen, wenn der allmächtige Herr ihn dazu auffordere.
"Beide Präsidentschaftskandidaten - der eine Protestant, der andere Katholik - haben keine Hemmung, die göttliche Providenz zu bemühen", attestiert Tück und mahnt Zurückhaltung ein. Zwar sei es "beiden unbenommen, ihr persönliches Geschick geistlich zu deuten". Problematisch aber sei es, wenn sie aus ihrer geistlichen Selbstdeutung politische Folgerungen ableiten, die nicht nur sie persönlich, sondern alle betreffen. "Der eine leitet aus der Errettung seine politische Sendung ab, als hätte er göttliche Weihen; der andere tut so, als hätte er eine heilsgeschichtliche Mission für Amerika. Beides ist übergriffig", hält der "Communio"-Schriftleiter fest.
"Aber auch eine Theologie, die bestreitet, dass Gott in der Geschichte handeln kann, ist übergriffig, weil sie Gott abspricht, was er doch kann, nämlich handeln, wenn er es will", fährt der Theologe fort und schreibt: "Nur kann niemand verbindlich sagen, wann, wie und wo er es tut. Die Pointe kann daher nur sein, dass es unter den Bedingungen von Zeit und Geschichte keine identifizierbaren Akte der göttlichen Vorsehung geben kann." Denn niemand könne Gott in die Karten schauen. "Auch der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika nicht."
Hoffnung hegt Tück, dass das gescheiterte Attentat auf Trump einen "läuternden Effekt" für die politische Kultur in den USA haben könnte. Dies wäre gegeben, wenn statt verbaler Verrohung wieder mehr Besonnenheit, Sachlichkeit und Versöhnungsbereitschaft einträten, was für das Land in der Krise gut wäre. Tück abschließend: "Was säkulare Chronisten retrospektiv eine glückliche Wendung nennen würden, wäre aus der Optik gläubiger Geschichtsbetrachtung dann vielleicht sogar als providenzielle Fügung beschreibbar. Mit einem portugiesischen Sprichwort: Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade."
Quelle: kathpress