Glettler: Kopfabsägen bei Marienstatue durch nichts zu rechtfertigen
Trotz legitimer Vorbehalte gegen das Kunstwerk "crowning" - die gebärende Maria im Linzer Dom - bezeichnete der Bischof Hermann Glettler den Vandalismus als "durch nichts zu rechtfertigen". Die Skulptur möge zwar irritieren, so der in der Österreichischen Bischofskonferenz u.a. für den Bereich Kunst und Kultur zuständige Innsbrucker Bischof, der sich ob des "barbarischen Anschlag auf die 'gebärende Maria'" der Tiroler Künstlerin Esther Strauß aber "zutiefst erschüttert" zeigt. Die Zerstörung der Marienfigur lasse "auf eine bösartige Energie schließen, die bedrohlich wirkt", schreibt der Bischof in der Wochenzeitung "Die Furche" (Ausgabe 11. Juli). Die zerstörte Skulptur bleibt bis 16. Juli in der Turmkapelle West ausgestellt, ist aber nur mehr durch Glastüren zu sehen.
Der Vorfall gäbe einen Einblick in die aktuelle Diskursunfähigkeit, so der Bischof, der auch Kunsthistoriker ist: "Es muss scheinbar vernichtet werden, was nicht der eigenen Vorstellung entspricht, was stört oder einfach anders ist. Das ist bedenklich." Zudem könne der Schritt von der mutwilligen Zerstörung einer menschlichen Skulptur bis hin zur realen Gewaltanwendung - in diesem Fall gegenüber Frauen - relativ klein sein.
Die naturalistische Darstellung einer Gebärenden bringe zwar legitime Vorbehalte mit sich und "nicht alles muss gezeigt werden", trotzdem sei - "auch wenn tatsächlich religiöse Gefühle von Gläubigen verletzt worden sein mögen" - das Absägen eines Kopfes "abartig", stellt Glettler klar.
"Fragwürdiges Bild"
Maria als Gebärende sei "zweifelsohne ein fragwürdiges Bild", trotzdem biete das Werk der Künstlerin Strauß eine Art Korrektiv zu bisherigen Marienfiguren. Die moderne Statue verstehe sich als Ergänzung zu zwei Marienfiguren aus der Linzer Domkrippe (1913), die Maria kniend am Heiligabend vor dem Neugeborenen und auf einem Felsen sitzend zeigen, erklärt der Innsbrucker Diözesanbischof. Und weiter: "Die Künstlerin fragt mit Recht nach der offensichtlichen Fehlstelle: Warum wurde das zentrale Geheimnis der Geburt bisher nicht dargestellt? Weil Mann (!) es nicht wollte?"
Die Figur und Darstellungsform des Geburtsvorgangs seien auch nicht als Widerspruch zum Dogma von der immerwährenden Jungfräulichkeit Mariens zu verstehen, so Glettler. Denn dieses würde "keine biologische Auskunft gegeben, sondern auf den Ursprung des unfassbaren Geheimnisses verwiesen - auf Gott selbst, der sich seiner Welt zum Geschenk macht". Zudem sei auch am Konzil von Ephesus (431) festgestellt worden, dass die "Gottesmutter" Jesus mit Fleisch und Blut zur Welt gebracht hatte. "Durch das volle Menschsein Jesu sind wir von Gott mit unserer ganzen Existenz angenommen - und erlöst", so der Bischof.
Die aus Lindenholz gefertigte Marienstatue ist Teil des Projektes "DonnaStage", das sich anlässlich des 100-jährigen Weihejubiläums des Mariendoms in Kunstinstallationen, Workshops und Diskussionen mit Fragen rund um Frauenrollen, Familienbilder und Geschlechtergerechtigkeit auseinandersetzt. "crowning" stammt von der gebürtigen Tirolerin Esther Strauß, die die Figur mit der Bildhauerin Theresa Limberger und Restauratorin Klara Kohler schuf.
Quelle: kathpress