
Österreich nahm Abschied von Ludwig Adamovich
Mit einem Requiem am Montagnachmittag hat Österreich vom langjährigen Präsidenten des Verfassungsgerichtshof (VfGH) Ludwig Adamovich Abschied genommen. Die Totenmesse für den am 16. Juni im Alter von 91 Jahren verstorbenen ehemaligen Höchstrichter wurde in der Wiener Schottenkirche gefeiert, mit der Adamovich sehr verbunden war. Die Begräbnisfeierlichkeit im Beisein von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und dem amtierenden VfGH-Präsidenten Christoph Grabenwarter leitete der Jesuit Christian Marte.
"Ludwig Adamovich war eine juristische Institution. Sein Wort zählte", sagte das Staatsoberhaupt am Ende der Messe über den Verstorbenen, der sowohl für den amtierenden Bundespräsidenten als auch für dessen Amtsvorgänger Heinz Fischer insgesamt rund 20 Jahre ehrenamtlich als verfassungsrechtlicher Berater zur Verfügung gestanden hatte.
Wörtlich sagte der Bundespräsident: "In Selbstbeschreibungen hat sich Ludwig Adamovich als 'hinreichend konservativ', als 'Nullgruppler mit katholischer Weltanschauung' oder als 'Nonkonformist' bezeichnet. Das zeigt sein unbedingtes Streben nach innerer Unabhängigkeit. Dabei ging es ihm allein darum, im Interesse des Staates dessen Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. Dementsprechend lautet der Schlusssatz seiner Erinnerungen: 'Maßstab muss das persönliche Gewissen sein und bleiben.'"
Auf den Wert des persönlichen Gewissens und die katholische Prägung des Verstorbenen ging auch Pater Marte in der Predigt ein, indem er auf ein Ö1-Radiointerview mit Adamovich verwies, wo dieser gesagt hatte: "Ich persönlich glaube, dass die Existenz des Gewissens ein Indikator dafür ist, dass es mit der Feuerbestattung oder was immer nicht aus ist. Wenn es ein Gewissen gibt, dann muss das irgendwie transzendent sein. [...] Dass die Verantwortung nicht hier aufhört, da bin ich fest überzeugt davon."
Adamovich habe zeitlebens versucht, auf die "leise Stimme des Gewissens" zu hören, "und er hat darüber nachgedacht und geschrieben", so Marte. "Das Gewissen ist auch der Ort, wo wir uns selbst kritisch sehen können, wo wir unsere eigenen Fehler erkennen. Das Gewissen als letzte Autorität: Für Franz und Franziska Jägerstätter, für Dietrich Bonhoeffer und viele andere war das Gewissen der Ort der Entscheidung."
"Für Dr. Adamovich war diese Kirche wichtig, die Schottenkirche in Wien. Und die Verbindung zu den Benediktinern hier", führte Marte weiter aus und verwies darauf, dass sich Adamovich immer der katholischen Tradition zugehörig gefühlt habe: "Dabei war ihm wichtig dazuzusagen, dass er die 'weite Version' des Katholischen schätzt. Das Enge und Doktrinäre war ihm zuwider. Also: 'Katholisch' wörtlich übersetzt: kata holon, um des Ganzen willen, universal und weit."
Beim Requiem erklangen u.a. Teile aus der Schubert-Messe. Für die musikalische Gestaltung zeichnete "Ars musica" unter der Leitung von Thomas Dolezal verantwortlich.
Adamovich wurde am 24. August 1932 in Innsbruck geboren. Wie sein gleichnamiger Vater, der nach dem Zweiten Weltkrieg bis zu seinem Tod 1955 ebenfalls Präsident des VfGH, zog es ihn zum Verfassungsrecht. Nach der juristischen Promotion 1954 war er kurz in der niederösterreichischen Verwaltung tätig, ehe er 1956 in den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes wechselte. Nach seiner Habilitation 1974 wurde er Universitätsprofessor für Öffentliches Recht an der Universität Graz. 1976 kehrte er in den Verfassungsdienst zurück und leitete diesen als Sektionschef. Von 1984 bis 2002 stand er schließlich an der Spitze des Verfassungsgerichtshofes.
Quelle: kathpress