Katholische Arbeitnehmerinnen fordern Aufwertung der Care-Arbeit
Katholische Arbeitnehmerinnen plädieren für mehr finanzielle und politische Unterstützung für Care-Arbeit, um die zukünftigen Herausforderungen etwa in der Pflege alter Menschen bewältigen zu können. Das geht aus einer Aussendung der "Katholischen Arbeitnehmer:innen-Bewegung Österreichs" (KABÖ) hervor, die gemeinsam mit den Bewegungen in Deutschland und Südtirol aktuell eine "FrauenSommerakademie" in St. Pölten veranstaltet. Die Tagung mit dem Titel "Fair-sorgen und fair-sorgt-werden" dauert noch bis 28. Juni und widmet sich grundlegenden Fragen: "Wer pflegt, wer zahlt, wer zahlt drauf und wer profitiert?" 40 KAB-Mitglieder der drei Länder nehmen daran teil.
Nicht im Blick der Öffentlichkeit sei meist die Tatsache, dass nur 20 Prozent der Pflege stationär im Heim geschieht, erklärte die Arbeiterkammer-Expertin Heidemarie Staflinger in ihrem Vortrag. Die 80 Prozent häusliche Pflege führten zu einem Großteil Personen jenseits der 60 Jahre durch. "Ein weiterer - leider viel zu großer - Anteil wird auch von Kindern und Jugendlichen unter 18 übernommen", so Staflinger. Diese Tatsache werde viel zu wenig wahrgenommen und es gebe - gerade in Österreich - wenig Unterstützung für die in die Pflicht genommenen jungen Menschen.
Zur Verbesserung der Pflegesituation im professionellen wie im privaten Bereich brauche es eine bessere finanzielle Ausstattung, so die oberösterreichische AK-Expertin. Dafür brauche es eine Politik der vielen kleinen Schritte, Lobbying und klare Regierungsentscheidungen. "Die Teilnehmerinnen unterstreichen mit ihrem Erfahrungsschatz aus KAB, Betriebsseelsorge, Pflegetreffpunkten und Pflegeberufserfahrungen die Notwendigkeit eines vereinfachten Zugangs zu Informationen und Unterstützungsmaßnahmen", hieß es dazu weiter in der Pressemitteilung.
Häusliche Pflege zwischen Anspruch und Realität
Forschungen zur häuslichen Betreuung machten deutlich, dass das sozialpolitische Motto "häuslich vor ambulant vor stationär" und das kulturell verankerte Ideal der familiären Betreuung in Österreich nach wie vor zentral sei, wies die Soziologin Brigitte Aulenbacher von der Johannes-Kepler-Universität Linz hin. Doch die Grundlagen dafür seien längst brüchig geworden: Immer weniger Frauen könnten oder wollten die Pflege von Angehörigen übernehmen. Mobile Dienste seien aber ebenfalls nur unzureichend verfügbar.
Als Reaktion auf die unzureichende Versorgungslage ebenso wie als Ausdruck neuer Lebensformen und -ansprüche bilden sich laut Aulenbacher alternative Sorgeformen unter Begriffen wie "Caring Communities" heraus, die in Gemeinden, Stadtteilen oder Wohnprojekten Sorgearbeit stärker gemeinschaftlich zu organisieren versuchen. Vielfach seien diese Projekte aber eher Programm als Realität.
Aulenbacher und ihre Kollegin Wasana Handapangoda beleuchteten die tiefgreifenden Veränderungen und Herausforderungen, die mit der Kommerzialisierung von Care-Arbeit einhergehen. Besonderes Augenmerk dabei sei auf die 24-Stunden-Betreuung zu legen. Wenn häusliche Pflege und Sorge zu marktfähigen Dienstleistungen umgestaltet werden, verstärke dies soziale Ungleichheiten und habe Auswirkungen bis hinein in die globale Migration, so die beiden Expertinnen. Eine wettbewerbsorientierte Ökonomisierung des Care-Sektors stehe in Konflikt mit einem Angebot bedarfsdeckender und bedarfsgerechter Sorgeleistungen und mit Ansprüchen an angemessene Arbeitsbedingungen. Beides ist bekanntlich seit geraumer Zeit auch Anlass für Proteste, Streiks und Initiativen.
Ziel der am Freitag endenden Veranstaltung sei es, im Blick auf Care-Arbeit "gemeinsam Wege zu einer faireren Verteilung dieser essenziellen Tätigkeiten zu finden", fasste die KABÖ zusammen. Die "FrauenSommerakademie" biete neben theoretischer Auseinandersetzung auch praktische Lösungsansätze und Vernetzung.
Quelle: kathpress