Caritas für rasche Einführung einer Kindergrundsicherung
Für die rasche Einführung einer Kindergrundsicherung in Österreich hat sich die Caritas ausgesprochen. Generalsekretärin Anna Parr beklagte nach einem Runden Tisch am Montag im Sozialministerium zum Thema, an dem neben Minister Johannes Rauch auch Fachleute aus Sozialorganisationen und Wissenschaft teilnahmen, die Zahl der von absoluter Armut betroffenen Kinder habe sich in nur einem Jahr verdoppelt. Angesichts dessen sei sie dankbar für Rauchs Bemühungen zum Gegensteuern, so Parr.
Pandemie und Teuerungskrise hätten die Situation in Bezug auf die schon davor gegebene Kinderarmut "dramatisch verschärft", wies die Caritas-Österreich-Generalsekretärin hin. 20 Prozent der Heranwachsenden in Österreich seien 2023 armutsgefährdet gewesen, 88.000 von absoluter Armut betroffen. "Hier gegenzusteuern ist alternativlos", betonte Parr. "Es geht um gleiche Chancen und ein gutes Leben für alle Kinder in Österreich!"
Die Caritas sieht die Etablierung eines ganzheitlichen Modells der Kindergrundsicherung als bestes Mittel, um dies zu erreichen und Armut präventiv zu bekämpfen. Dabei gehe es nicht nur um finanzielle Aspekte, sondern auch um den "Ausbau von allen öffentlichen Leistungen in den Bereichen Freizeit, Bildung und Gesundheit". Parr appellierte an alle Verantwortlichen in Bund und Ländern, an einem Strang zu ziehen.
Caritas für Drei-Säulen-Modell
Ein ganzheitliches Modell der Kindergrundsicherung muss laut Expertise der Caritas drei Bereiche umfassen: Bildung/Freizeit, Gesundheit sowie finanzielle Leistungen.
"Bildung ist das beste Mittel, um die Armutsspirale zu durchbrechen", unterstrich Parr. Sie forderte kostenfreie Bildung ab dem ersten Geburtstag, die Einführung eines zweiten verpflichtenden Kindergartenjahres sowie den Ausbau ganzheitlicher und ganztägiger Schulformen - auch für Kinder mit Behinderungen in Form von inklusiven Bildungsangeboten. Zudem braucht es auch einen österreichweiten Zugang zu kostenlosen Freizeit- und Ferienangeboten, der Armutsbetroffenen derzeit nicht offenstehe.
Mit Blick auf öffentliche Gesundheitsangebote beklagte Parr, dass es sowohl im ambulanten als auch im niedergelassenen Bereich aktuell viel zu wenig kostenfreie Angebote gebe. Speziell forderte sie den Ausbau von kassenfinanzierten psychotherapeutischen und psychiatrischen Angeboten sowie Prävention zugunsten von körperlichen und psychischen Gesundheit - etwa an den Schulen.
Zur finanziellen Grundabsicherung unterstützt die Caritas den im Sozialministerium diskutierten Vorschlag eines einkommensunabhängigen Grundbetrags für alle Kinder und Jugendlichen. Wünschenswert sei zusätzlich Unterstützung jener Familien, die besonders niedrige Einkommen haben. Parrs Vorschlag: "Analog zur Familienbeihilfe soll der Grundbetrag automatisiert ausbezahlt werden und je nach Alter der Kinder und Jugendlichen steigen und jährlich indexiert werden. Die Höhe des einkommensabhängigen Betrags sollte sich an den realen Kosten orientieren, die Familien zu stemmen haben, eine Basis dafür können die Referenzbudgets sein." Der Mehrbedarf von Alleinerziehenden sei zu berücksichtigen.
Kinder aus armutsbetroffenen Familien hätten von Geburt an in allen Lebensbereichen enorme Nachteile gegenüber Kindern aus nicht-armutsbetroffenen Familien, sagte Parr. In vielen Fällen könnten sie diese Startschwierigkeiten ihr Leben lang nicht überwinden. Mit der Einführung einer ganzheitlichen Kindergrundsicherung könnte der "Teufelskreis Armut" durchbrochen werden.
Auch Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie Österreich und der Armutskonferenz, befürwortete ein Drei-Säulen-Modell der Kindergrundsicherung mit Fokus auf Bildung, Gesundheit und Geldleistungen.
Rauch sieht Einigkeit über Eckpunkte
Sozialminister Johannes Rauch wies nach dem Runden Tisch am Montag darauf hin, dass Einigkeit über Eckpunkte einer Kindergrundsicherung erzielt worden sei: Ein Fixbetrag unabhängig vom Einkommen müsse durch einen einkommensabhängigen Bestandteil und Sachleistungen ergänzt werden. Einen Plan für die komplexe Umsetzung einer Kindergrundsicherung wird der Sozialminister in den kommenden Wochen vorlegen. Österreich gebe zwar rund 10 Milliarden Euro jährlich für die Unterstützung von Familien und Kindern aus. "Dennoch lebt jedes fünfte Kind in einer von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdeten Familie", hieß es seitens des Sozialministeriums. Die Folgekosten von Kinderarmut beziffere die OECD mit rund 17 Milliarden Euro pro Jahr.
Quelle: kathpress