Weltflüchtlingstag: Kirche und NGOs für mehr Chancen für Geflüchtete
120 Millionen Menschen sind laut UNO aktuell auf der Flucht. Kirche und Hilfsorganisationen, wie Bischof Josef Marketz, Caritas Österreich und die Katholische Aktion Österreich (KAÖ) drängten anlässlich des Weltflüchtlingstags der Vereinten Nationen (20. Juni) auf einen praxistauglichen Flüchtlingsschutz und gemeinsame Lösungen. Zwar sei die österreichische Gesellschaft "nicht in der Lage, alle Tore weit aufzumachen", hier lebende Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund benötigten aber Hoffnung und Perspektiven für die Zukunft, so Bischof Marketz, der in der Bischofskonferenz für Sozialfragen zuständig ist.
Als dringend notwendig erachtete der Kärntner Bischof etwa Integrations-Initiativen wie etwa einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt, denn "Arbeit ist der beste Weg, um sich unsere Kultur und Sprache anzueignen". Marketz weiter: "Menschen, die keine Hoffnung mehr sehen, gleiten leichter auf falsche Wege ab. Wir brauchen aber motivierte, gut ausgebildete und integrierte Menschen in unserem Land".
Wichtig sei auch, bereits bei den Kindern anzusetzen. Als Beispiele nannte der Bischof kirchliche Projekte wie die Caritas-Lerncafes oder das Projekt "Hippy" des Katholischen Bildungswerkes für Mütter und Kinder mit Migrationshintergrund. Diese zeigten, dass über die Kinder auch die Eltern, vorrangig Mütter, leichter zu erreichen seien. "Diese Projekte beschränken sich nicht auf einen reinen Sprachunterricht, sondern vermitteln gezielt österreichische Werte und Regeln", so Marketz.
Caritas: Grenzen und Menschen schützen
Es müsse möglich sein, "Grenzen und Menschen zu schützen", meinte auch Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler in einer Aussendung am Mittwoch. Kritik äußerte sie am neu ausverhandelten EU-Pakt zu Asyl und Migration. Dieser sollte eigentlich dazu dienen, das Sterben im Mittelmeer zu beenden, die Caritas befürchte aber "weitreichende Einschränkungen des Asylrechts und humanitäre Notlagen, wie sie an Hotspots an den EU-Außengrenzen bereits zu sehen sind", so die Präsidentin des größten kirchlichen Hilfswerks, die hier auch auf das Problem illegaler Pushbacks verwies.
Man sei es Betroffenen schuldig, "einen praxistauglichen Flüchtlingsschutz in Österreich und auf europäischer Ebene auf die Beine zu stellen", so Tödtling-Musenbichler. "Nicht verhandelbar" seien dabei Werte, die durch die europäische Menschenrechtskonvention und die Genfer Flüchtlingskonvention festgelegt worden sind.
"Wer Schleppern das Handwerk legen möchte, muss bei den Fluchtursachen beginnen und für sichere, legale Fluchtwege und schnelle Asylverfahren sorgen", so die Caritas-Präsidentin. Auf Basis des Rechtsstaats müsse es möglich sein, Schutzsuchenden neue Zukunftsperspektiven zu geben. Es sei zudem im Interesse aller, wenn sich viele nach Österreich geflüchtete Menschen "zu Stützen in der Gesellschaft" entwickeln könnten. Dafür erforderlich seien etwa ein flächendeckender Zugang zu kostenlosen Deutschkursen, ein rascher Zugang zum Arbeitsmarkt und die rasche Anerkennung von Qualifikationen. "Trotz der großen Nachfrage sind die Türen zum Arbeitsmarkt noch so schmal, dass viele qualifizierte Arbeitskräfte mit Flucht- der Migrationshintergrund nicht hindurchfinden. Dadurch geht enormes Potenzial verloren", so Tödtling-Musenbichler.
KAÖ: "Helfen statt Ängste schüren"
Die Katholische Aktion Österreich (KAÖ) appellierte zum Weltflüchtlingstag 2024 an Politik und Bevölkerung in Österreich, sich nicht von Angstmache und Vorurteilen in Beschlag nehmen zu lassen, sondern auf Hilfen und gemeinsame Lösungen zu setzen. "Die Wahlen zum EU-Parlament am 9. Juni haben erneut gezeigt, wie stark Fragen der Migrationspolitik die Wahlentscheidung beeinflussen, und in der politischen Debatte dominieren das Schüren von Ängsten und von pauschalen Vorurteilen gegen Flüchtlinge", so das Team des KAÖ-Präsidiums, Ferdinand Kaineder, Katharina Renner und Brigitte Knell.
Weder Ängste noch das Verleugnen von Herausforderungen seien eine Hilfe bei der Frage nach der Aufnahme, Versorgung und Integration von Geflüchteten. Vonseiten der Politik und Gesellschaft sei darum eine gemeinsame Suche nach Lösungen notwendig, auch wenn dies "zweifelsohne der mühsamere und aufwändigere Weg" sei, der den Einsatz und das Mitwirken vieler erfordere. "Es ist aber der einzige Weg, der unsere Gesellschaft in eine menschenwürdige, sozial gerechte, friedliche und auch wirtschaftlich gute Zukunft führt", so die KAÖ.
Quelle: kathpress