NGOs: Politik muss Fokus auf Sozialstaat legen
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) hat alle Parteien im Vorfeld der Nationalratswahlen aufgerufen, umfassende Maßnahmen zur Sicherung des Sozialstaats in Österreich in ihre Wahlprogramme aufzunehmen. Unabhängig davon, wer der nächsten Bundesregierung angehören wird, seien rasche Reformen in den Bereichen Armut, Pflege und Betreuung, dem Themenkomplex Asyl, Migration und Integration sowie im Blick auf Klimagerechtigkeit, so die BAG in einer Aussendung am Dienstag. Trägerorganisationen der BAG sind die Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe.
"Die letzten Jahre waren geprägt von vielfältigen Krisen, die Risse im Sozialsystem Österreichs offenlegten. Es ist zwingend erforderlich, den sozialen Zusammenhalt durch gezielte Maßnahmen sicherzustellen", so Caritas-Generalsekretärin Anna Parr, aktuelle BAG-Vorsitzende. Nachsatz: "Der soziale Zusammenhalt ist das Fundament unserer Gesellschaft."
Heute seien 336.000 Menschen in Österreich absolut arm. Das seien 130.000 mehr als noch im letzten Jahr. "Armut in Österreich verfestigt sich, die Lage für armutsbetroffene Menschen wird immer dramatischer", so Parr. Die BAG fordert daher u.a. eine neue Grundsicherung bzw. eine grundlegende Reform der Sozialhilfe, um sie wieder zu einem verlässlichen letzten Auffangnetz zu machen. Parr: "Es braucht einheitliche Mindeststandards bei der Sozialhilfe vom Bodensee bis zum Neusiedlersee. Auch Menschen, die ihre Arbeit verlieren, müssen vor Armut geschützt werden. Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sind Versicherungsleistungen, für die Menschen gearbeitet haben. Sie sollen vor Armut schützen und beim Wiedereinstieg in die Arbeit unterstützen." Daher müsse auch das Arbeitslosengeld armutsfest gemacht und die Notstandshilfe wertangepasst werden.
Die kommende Bundesregierung müsse auch unabhängig von ihrer parteipolitischen Zusammensetzung rasch ein Gesamtpaket vorlegen, das die Pflege und Betreuung zukunftsfit macht. Dazu brauche es etwa eine Fortsetzung der Ausbildungsoffensive und entsprechende Rahmenbedingungen, um ausreichend Fachkräfte aus dem In- und Ausland zu gewinnen.
Parr: "Wir wissen, dass wir einen Fachkräftemangel in Österreich haben. Die Wirtschaft wie auch beispielsweise der Bereich Pflege und Betreuung suchen händeringend nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Gleichzeitig leben viele Menschen in Österreich, die arbeiten wollen, aber nicht können." Trotz Fachkräftemangel blieben die Hürden im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz hoch", kritisierte Parr.
Die Hürden würden etwa auch nach wie vor viele Geflüchtete aus der Ukraine betreffen, von denen die Mehrheit immer noch in der Grundversorgung verharrt und keine langfristige Perspektive hat.
Parr: "Generell gilt: Wir brauchen Integration ab Tag Eins - durch Zugang zu Deutschkursen, Unterstützung bei der Arbeitsaufnahme und vieles mehr." Zudem brauche es auch dringend eine Reform der Grundversorgung für Asylwerber, die viel zu lange auf den Ausgang ihres Verfahrens warten müssen.
Hinsichtlich der Klimakrise appellierte die BAG-Vorsitzende, Soziales und Ökologie gemeinsam zu denken: "Wenn wir wollen, dass auch unsere Kinder und deren Kinder noch einen lebenswerten Planeten vorfinden, müssen wir jetzt handeln. Gleichzeitig muss uns bewusst sein, dass die Klimakrise auch eine soziale Krise ist. Jene Menschen, die am wenigsten zur Klimakrise beitragen, leiden am meisten unter ihren verheerenden Auswirkungen. Sie verfügen über weniger Möglichkeiten, um klimabedingte Risiken abzumildern oder Schäden zu beheben."
Es brauche systemische Veränderungen, die ein umwelt- bzw. klimagerechtes Leben für alle ermöglichen und begünstigen. Daher schlage die BAG unter anderem einen Aktionsplan für eine soziale Klimapolitik vor, so Parr.
Quelle: kathpress