Van der Bellen: "Brigitte Bierlein war eine mutige Frau"
Brigitte Bierlein war "eine treue Dienerin der Republik Österreich, weitsichtig, interessiert und in höchstem Maße kompetent. Und: Sie war eine mutige Frau." Das hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen in seiner Ansprache am Ende des Requiems für Brigitte Bierlein im Wiener Stephansdom betont. Der Bundespräsident, Bundeskanzler Karl Nehammer und Verfassungsgerichtshofpräsident Christoph Grabenwarter ergriffen am Ende des Requiems, das Kardinal Christoph Schönborn geleitet hatte, das Wort.
Van der Bellen erinnerte daran, dass es vor fünf Jahren, als Bierlein das Amt als Bundeskanzlerin antrat, angesichts der aufgeheizten innenpolitischen Situation mit einem gewissen Risiko verbunden war, eine Regierung anzuführen, die keine parlamentarische Mehrheit hinter sich hat. Die innenpolitische Situation habe sich aber nach der Angelobung von Brigitte Bierlein binnen kurzem beruhigt. "Das lag ganz sicher auch an ihrem umsichtigen Handeln in dieser sensiblen Zeit. Und sie und ihre Regierung waren außerordentlich populär, sie genoss hohes Ansehen in der Bevölkerung", so das Staatsoberhaupt.
Van der Bellen: "Brigitte Bierlein hat unserer Heimat damit in einer schwierigen Situation einen sehr großen Dienst erwiesen. Dafür bin ich ihr als Bundespräsident und auch ganz persönlich sehr dankbar."
Als er Bierlein den höchstmöglichen Orden der Republik verlieh, habe diese gesagt: "Ich habe immer betont, dass mein beruflicher Lebensweg nicht geplant oder vorhersehbar war. Selbstständig und selbstbestimmt leben zu können - das war immer mein Ziel. Und ich war und bin überzeugt, dass das für alle Frauen eine Selbstverständlichkeit sein sollte." Er hoffe, so fügte Van der Bellen nun hinzu, "dass Brigitte Bierlein bewusst war, wie sehr sie andere inspiriert hat. Sie hat viele Frauen auf ihrem Weg ermutigt. Sie wird für uns alle, immer ein Vorbild sein."
"Eine große Österreicherin"
Er verneige sich vor Brigitte Bierleins Lebenswerk, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer in seiner Ansprache: "Eine große Österreicherin ist viel zu früh von uns gegangen." Man habe gespürt, so der Kanzler, "dass wir als Land in den Stunden des Todes und der Trauer ein gutes Stück näher zusammenrücken. Das sollte über diesen Abschied hinaus nicht verloren gehen."
Selten sei ein Leben für den gesellschaftlichen Zusammenhalt so beispielgebend wie das von Brigitte Bierlein. Sie sei jedem Menschen unvoreingenommen begegnet, habe den Dialog mit allen nicht nur gepflegt, sondern auch aktiv gesucht. Als erste Bundeskanzlerin Österreichs habe Bierlein Mut gezeigt und Geschichte geschrieben, so Nehammer. Bierleins Lebensaufgabe seien der liberale Rechtsstaat, Demokratie und die Einheit in Vielfalt gewesen. Sie habe Österreich mit Kompetenz, Disziplin und vor allem Liebe gedient.
Eintreten für den Rechtsstaat
Brigitte Bierlein seien die Grund- und Menschenrechte immer ein ganz besonderes Anliegen gewesen, hob VfGH-Präsident Grabenwarter in seinen Worten hervor. Das beständige Eintreten für den Rechtsstaat in Österreich und in Europa gehöre zu ihrem Vermächtnis.
Der große Respekt im Miteinander sei typisch gewesen für den Führungs- und Arbeitsstil von Brigitte Bierlein. Sie sei zudem konsequent für die Gleichberechtigung der Frauen eingetreten. In vielen Stationen ihrer beruflichen Karriere sei sie auch die erste Frau gewesen, so Grabenwarter, und er schloss wörtlich: " Ein letztes großes Danke, liebe Brigitte, für die gemeinsame Arbeit im Dienste des Rechtsstaats und der Bundesverfassung."
Quelle: kathpress