Syrischer Caritas-Generalsekretär: "Die Sanktionen müssen weg!"
"Warum bestraft die internationale Gemeinschaft das syrische Volk?"- Mit drastischen Worten hat der Generalsekretär der Caritas Syrien, Riad Sargi, auf die desaströse wirtschaftliche, soziale und humanitäre Lage in Syrien aufmerksam gemacht. Sargi hat dieser Tage Österreich besucht und mit Caritas-Auslandshilfechef Andreas Knapp und weiteren Verantwortlichen der Caritas Österreich gemeinsame Hilfsprojekte besprochen. Im Interview der Nachrichtenagentur Kathpress am Rande des Besuchs forderte Sargi ein Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Syrien, die die Bevölkerung ins Elend gestoßen hätten.
Die Sicherheitslage sei in den meisten Regionen gut, so der Caritasdirektor. Dafür töte jetzt die Armut die Menschen, so Sargi. 90 Prozent der Bevölkerung in Syrien lebten unter der Armutsgrenze, bis zu 60 Prozent bräuchten Nahrungsmittelhilfe, um zu überleben. Zwischen zwei und drei Millionen Kinder können nicht zur Schule gehen, "eine verlorene Generation", warnte der Caritas-Generalsekretär.
Das durchschnittliche Gehalt im öffentlichen Sektor liege bei 20 bis 30 Dollar im Monat, im privaten Sektor sei es etwas höher, falls man überhaupt Arbeit finde. Mit solchen Löhnen könne man freilich keine Familie ernähren, erklärte Sargi. Viele Menschen könnten sich nicht einmal mehr Brot leisten. Auch der Zugang zu sauberem Trinkwasser werde immer mühsamer. Die Caritas sei deshalb auch sehr stark im Bereich der Nahrungsmittelhilfe tätig.
Völlig im Argen liege zudem die medizinische Versorgung, die sich kaum noch jemand leisten könne. Öffentlichen Strom gebe es nur stundenweise, Treibstoff oder Heizöl nur zu astronomischen Preisen.
Angesichts dieses Befundes sei es kein Wunder, "dass 95 Prozent aller Schulabgänger ins Ausland wollen", berichtete Sargi. Ohne Sanktionen könnten die Menschen - mittelfristig - ihr Leben wieder in den Griff bekommen, zeigte sich der Caritas-Generalsekretär andererseits überzeugt: "Helft den Menschen in Syrien!" so sein Appell. Das sei auch wirtschaftlich vernünftiger. Die Menschen könnten in ihrer Heimat bleiben. Die Versorgung der Flüchtlinge in den Nachbarländern Syriens sei bereits wesentlich kostspieliger, von den Geflüchteten, die nach Europa kommen, ganz zu schweigen.
6,5 Millionen Menschen sind aus Syrien geflohen, fast noch einmal so viele im Land Vertriebene. Die Familien seien zerrissen, oft blieben die Alten im Land zurück, berichtete Sargi. Die Caritas kümmere sich deshalb auch besonders um alte, alleinstehende Menschen.
Die Caritas Österreich ist seit 1995 Partner der Caritas Syrien. Aktuell unterstützt die heimische Caritas in Syrien etwa das Projekt "Carma" (Cash Assistance in Re-Emerging Markets), das besonders vulnerablen Familien mit Bargeld weiterhilft. Mehr als 17.000 Personen in ländlichen Regionen bekommen Bargeld, mit dem sie sich Grundnahrungsmittel oder Medikamente kaufen können. Im Rahmen eines Bildungsprogramms (RHEP - Regional Holistic Education Programme in Syria) werden mehr als 1.200 Kinder, aber auch ihre Eltern unterstützt, damit diese überhaupt eine Schule besuchen können. Auch mehr als 80 Lehrerinnen und Lehrern wird geholfen, die sonst kein Gehalt hätten.
(Caritas-Spendenkonto: Erste Bank: IBAN AT23 2011 1000 0123 4560, BIC GIBAATWWXXX, Kennwort: Syrien)
Quelle: kathpress