Freistetter: Militärseelsorge begleitet in existentiellen Situationen
Seit Jahrhunderten begleitet die Kirche Menschen im Krieg, jedoch ohne selbst Gewalt oder Auseinandersetzungen gutzuheißen: Militär und Kirchen hörten sich zwar wie ein Widerspruch an, die Aufgabe der Kirche sei aber die "Begleitung von Menschen in einer existentiell schlimmen Situation", stellte der österreichische Militärbischof Werner Freistetter im Interview mit der Wochenzeitung "Die Furche" (Ausgabe 13. Juni) klar. Zur Mission der Militärseelsorge gehöre nicht, sich in "alle politischen Fragen einzumischen", so der Bischof. Die jesuanische Maxime von einer Welt ohne Gewalt gelte bis heute, auch wenn das Recht auf eine Verteidigung kirchlich anerkannt sei.
Freistetter wies im Interview auf die Ambivalenz zwischen einem gewünschten Pazifismus, einer notwendigen Landesverteidigung und vorhandenen Machtinteressen hin. Die Rolle von Religionsvertretern als Vermittler in Konflikten betrachtete der Bischof jedoch kritisch: "Was Kirchen überhaupt tun können oder nicht tun sollten, ist ohnehin fraglich", so Freistetter mit Blick auf aktuelle Konfliktherde, wie im Nahen Osten oder der Ukraine.
Der seit 2015 amtierende Militärbischof für Österreich nannte etwa die orthodoxe Kirche von Russland, die die Politik der Regierung Putins voll unterstütze und rhetorisch untermauere, während andere orthodoxe Landeskirchen dies nicht machten. Das zeige "die Spannungen, die es auch innerhalb dieser Glaubensgemeinschaften gibt", ähnliches gelte auch für den Islam.
Als Kirche sei man vorwiegend in der Begleitung von Menschen tätig: "Würde sich die Kirche gegen diese Begleitung verwahren, wäre das in meinen Augen Hochverrat am Menschen." Freistetter machte dabei auf die rechtliche Begründung der Militärseelsorge aufmerksam, die nicht in der Unterstützung der Regierungspolitik, sondern in der Sicherung der religiösen Rechte der betroffenen Soldatinnen und Soldaten begründet sieht.
In Österreich müssten sich die Soldatinnen und Soldaten "nur sehr theoretisch" mit ethischen Fragen auf dem Schlachtfeld auseinandersetzen, so Freistetter, da das Bundesheer seit dem Fall des Kommunismus auf eine friedensunterstützende und friedenserhaltende Maßnahmen ausgerichtet sei. Angesichts des Ukraine-Kriegs werde aber wieder von einer "Wiedererringung einer Kapazität zur Landesverteidigung" gesprochen, erklärte der Militärbischof, der auch die Möglichkeit einer gemeinsamen Landesverteidigung - etwa durch einen europäischen Verbund - erwähnte.
Innerhalb des Militärs brauche es das Augenmerk auf eine innere Kultur der Streitkräfte, betonte Freistetter. Konkret nannte er die Einhaltung von klaren Prinzipien, wie sie im humanitären Völkerrecht verankert sind, wie die Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Zielen.
Das Interview erfolgte im Rahmen der 64. Internationalen Soldatenwallfahrt nach Lourdes, wo tausende Armeeangehörige aus 40 Nationen - darunter 400 österreichische Soldatinnen und Soldaten - im bekannten Marienwallfahrtsort zusammenkamen. Im Zentrum der Wallfahrt mit dem diesjährigen Motto der Wallfahrt, "Kommt in Gemeinschaft hierher", stand das gemeinsame Gebet um Frieden, genauso wie der internationale Austausch und das gemeinsame Feiern.
Quelle: kathpress