![Prof. Jan-Heiner Tück / Kathpress / Henning Klingen](/img/bc/5b/ff61dfe1c14ca7559319/Prof__Jan-Heiner_T_ck-asset-0bf8dc3065517be8acdb.jpg)
"Auftrumpfende Einfallslosigkeit": Tück kritisiert "Sancta"-Aufführung
Kritik an der umstrittenen Wiener Festwochen-Inszenierung des Stücks "Sancta" der Choreografin und Performance-Künstlerin Florentina Holzinger hat der Wiener Theologe Prof. Jan-Heiner Tück geäußert. Erstaunlich sei an dem Stück weniger die - erwartbare - Skandalisierung des Themas Kirche und Sexualität, was in seiner blutigen Inszenierung an Aktionen von Hermann Nitsch oder Paul Hindemith erinnere, sondern die sich darin zeigende "auftrumpfende Einfallslosigkeit", schrieb Tück in einer Kritik auf der Online-Plattform "communio.de". "Das, was anderen heilig ist, zu persiflieren, war schon immer eine allzu durchsichtige Strategie der Aufmerksamkeitssteigerung - aber nicht unbedingt ein Gütesiegel von Kunst."
Die Fixierung des Stücks auf Nonnen und Sexualität sei daher "eine alte Klamotte, die im Kulturbetrieb Wiens offensichtlich noch immer zu ziehen scheint", so Tück weiter. Und das, obwohl "Sancta" damit letztlich nur "bekannte Klischees von der Lebensfeindlichkeit und repressiven Macht klerikaler Wertvorstellungen" reproduziere. Nonnen, die aus den klösterlichen Mauern ausbrechen, um sexuelle Befreiung zu erleben, sei also "ein etwas schlichtes Narrativ".
Dagegen empfiehlt Tück eine Blickumkehr: Angesichts erhöhter Sensibilität für die Situation von Minderheiten sollte man sich fragen, was die schrumpfende Zahl an Ordensleuten von solchen Inszenierungen eigentlich hält. "Wie kommen sie sich vor, wenn ihre freigewählte Lebensweise in dieser Form lächerlich gemacht wird?" Zudem vergebe das Stück durch die einseitige Fixierung auf Sexualität und Kirche die Chance, "auf wirkliche Skandale hinzuweisen: dass Frauen in wirtschaftlich prekärer Lage ihren Körper verkaufen, um reichen Paaren den Kinderwunsch zu ermöglichen, dass auch in Österreich Sexsklavinnen in unwürdigsten Verhältnissen gehalten werden, um Männern die Lust zu befriedigen, dass die liberale Gesellschaft kaum etwas dagegen unternimmt, dass auch Minderjährige herangezogen werden, um für pornografische Filme zur Verfügung zu stehen."
Insofern zeige das Stück "Sancta" letztlich die "Doppelzüngigkeit und Heuchelei des gegenwärtigen Kulturbetriebs": Während Respekt gegenüber Minderheiten eingefordert werde, dürfe offenbar das, was anderen heilig ist, "in den Dreck gezogen werden". (Wortlaut der Tück-Kritik: https://www.herder.de/communio/kultur/florentina-holzinger-arbeitet-sich-in-sancta-an-der-katholischen-kirche-ab-auftrumpfende-einfallslosigkeit)
Quelle: kathpress