Bischof Krautwaschl plädiert für neue Fan-Kultur im Fußball
Er sei zwar ein "Schwarzer" - also Sturm-Graz-Fan -, das hindert den steirischen Bischof Wilhelm Krautwaschl aber nicht, sich auch über Erfolge anderer Fußballvereine zu freuen. "Meine Identität gewinne ich ja nicht, indem ich mich von anderen abgrenze", erklärte Krautwaschl dazu in einem Doppelinterview, das die "Kleine Zeitung" am Sonntag mit dem Bischof und der Fußball-Nationalspielerin Carina Wenninger führte. Er müsse "nicht gegen die anderen sein, muss sie nicht verurteilen oder runtermachen", wandte sich Krautwaschl gegen die im Fußball oft üblichen Abgrenzungen. Sein Appell: "Also, liebe Fans: Reißt euch am Riemen!"
Er sei beim letzten Spiel des Bundesliga-Aufsteigers GAK in der zweiten Liga präsent gewesen. "Wenn ich in Hartberg am Fußballplatz bin, habe ich ein blaues Hemd an. Und bei Sturm-Spielen trage ich schwarz", berichtete der Bischof. Für diese vermeintliche Gegensätze überbrückende Haltung wolle sich die steirische Kirche einsetzen: "Wir wollen im Juli eine entsprechende Initiative starten unter dem Motto: 'Liebe die Fans deiner Gegner!'", kündigte Krautwaschl an. "Das wäre dringend notwendig."
"Säkulare Liturgie" fördert Zusammenhalt
Die "Kleine Zeitung" sprach den Bischof darauf an, dass er ein großes Finalspiel mit dem Einzug der Mannschaften, der Mitnahme des Balles, dem gemeinsamen Singen und dem Hochhalten des Pokals einmal als "säkulare Liturgie" bezeichnet habe. Dazu Krautwaschl: "Ja, es gleicht einem Ritus im besten Sinn, der einem das Gefühl gibt, dazuzugehören." Sport könne durchaus für die Identitätsfindung ein Bindemittel sein. "Und weil wir Menschen sind, brauchen wir etwas Angreifbares. Deshalb sind derartige Inszenierungen durchaus sinnvoll."
Bei vielen Fußballerinnen und Fußballern habe der Glaube einen hohen Stellenwert, wies die frühere Bayern München- und jetzige Rapid-Spielerin Carina Wenninger hin. Man sehe am Spielfeld immer wieder welche, die vor dem Anpfiff noch kurz beten. "Und in Barcelona im Camp Nou kommt man in den Katakomben, bevor es auf den Rasen geht, an einer kleinen Kapelle vorbei."
Über den Frauenfußball äußerte sich Bischof Krautwaschl wertschätzend: "Mir gefällt es, dass es da bei einem Foul keine Schauspielerei gibt. Sie stehen auf und machen weiter." Die gebürtige Grazerin Wenninger erzählte, sie habe im Frauenfußball während ihrer gesamten Karriere durchwegs positive Erlebnisse in Bezug auf Fankultur gehabt. Im Männerfußball dagegen gebe sehr wohl unschöne Dinge wie Ausschreitungen oder rassistische Ausfälligkeiten, "davon distanziere ich mich komplett. Da müssten vom Fußball selbst größere Schritte entgegengesetzt werden, weil wir eine enorme Vorbildwirkung haben".
Quelle: kathpress