EU-Wahl: Wie halten es Österreichs Kandidaten mit christlichen Werten
In Zusammenarbeit mit der Evangelischen Allianz Wien hat die "Plattform Christdemokratie" einen Fragenkatalog für die EU-Kandidaten aller Fraktionen erstellt. Geantwortet haben für die ÖVP Reinhold Lopatka, Lukas Mandl, Valeria Foglar-Deinhardstein, Alexander Jezik-Osterbauer und Sarah Fock, für die SPÖ die Delegation als solche sowie der Kandidat Dominik Szecs, für die FPÖ Harald Vilimsky, für die Grünen Thomas Waitz und für NEOS Helmut Brandstätter.
Zur Frage nach seinen Europa-Visionen meint etwa VP-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka: "Unsere klare Vision ist es, Europa besser zu machen. Wir als Volkspartei haben das Ziel, durch enge wirtschaftliche Zusammenarbeit gemeinsam Wohlstand sowie Frieden und Stabilität zu sichern. Dafür braucht es neue Wege und Bemühungen. Um das europäische Lebensmodell der Freiheit, Demokratie und des Rechtsstaats zu bewahren, "braucht es eine klare Positionierung Europas und eine Verteidigung seiner gemeinsamen Werte". Europa müsse seine Interessen in den Vordergrund stellen, ohne Protektionismus und Abschottung.
Die Sozialdemokratie wolle "ein gutes und würdiges Leben für alle", heißt es in der SP-Stellungnahme. Und: "Wir wollen ein Europa, das fair und gerecht ist. Ein Europa, das soziale Grundrechte und Grundfreiheiten garantiert." Das SP-Verständnis von Europa sei geprägt von Solidarität und dem Respekt für die Rechte und Bedürfnisse der Menschen. Leider kommen diese Grundwerte und die Demokratie "durch das Erstarken von rechten und nationalistischen Parteien immer stärker unter Druck".
Er setze alles daran, so FP-Spitzenkandidat Vilimsky, "das ursprüngliche Versprechen der EU - die Schaffung von Frieden, Stabilität und Wohlstand - den Bürgern gegenüber einzuhalten". In allen drei Bereichen brauche es dringend institutionellen Aufholbedarf, "indem man vor allem Kompetenzen von Brüssel an die Nationalstaaten transferiert und einen Entbürokratisierungsprozess einleitet". So müssten etwa die EU-Kommission und das EU-Parlament halbiert werden.
Thomas Waitz hält für die Grünen fest: "Ich kämpfe für ein Europa, das die Herausforderungen der Zukunft angeht. Die EU-Staaten verfolgen gemeinsame Klimaziele und sie stehen gemeinsam für Demokratie und Menschenrechte ein. Nichts davon ist perfekt, der Weg zum Kompromiss ist oft beschwerlich. Aber in den wesentlichen Fragen unserer Zeit geht Europa voran und ist das Gegenmodell zu Regimen und Diktaturen."
Für NEOS-Spitzenkandidat Brandstätter ist die Vision der EU eine Art "Vereinigten Staaten von Europa". Denn: "Nur in einem starken Europa sind wir in der Lage, die Menschen zu schützen, unsere Unabhängigkeit zu verteidigen sowie Arbeit und Wirtschaft voranzubringen, damit sich Europa wieder für alle rechnet." Es brauche eine europäische Politik, "die nicht weiter zusieht, wie autoritäre Regime den europäischen Lebensstil bedrohen und die Demokratie gefährden".
Wertegrundlagen der Politik
Zum Menschen- und Weltbild, das die Grundlage für die jeweilige Politik bildet, antwortet Lopatka: "Die Österreichische Volkspartei steht für einen bürgernahen Staat und die Ökosoziale Marktwirtschaft. Wir setzen auf europäische Zusammenarbeit, denn ein starkes Europa stärkt auch Österreich. Unser Menschenbild ist geprägt von christlich-humanistischen Werten: Jeder hat das Recht auf Leben und Selbstentfaltung, unabhängig von äußeren Umständen." Die ÖVP fördere Gemeinschaften und lege ein besonderes Augenmerk auf die Familie.
Für die Sozialdemokratie haben "alle Menschen dieselben Rechte, egal wie nah oder fern sie uns stehen". Man trete ein für Chancengleichheit, Solidarität und Gleichstellung sowie für die Verteidigung der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit, ebenso stehe man für den Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus. "Wir rücken das Wohlergehen der Menschen in den Mittelpunkt unseres Handelns und setzen uns für ein würdiges Leben in Frieden und Freiheit für alle Mitmenschen ein", heißt es in der SP-Antwort.
FP-Spitzenkandidat Vilimsky spricht von einem "humanistisch aufgeklärten Menschenbild, "welches auf unseren gemeinsamen christlichen Wurzeln als wichtige ethische und moralische Stütze fußt und dabei auf die persönliche Freiheit eines jeden Einzelnen achtet".
Auch der Grüne Thomas Waitz steht für ein humanistisches Weltbild. Dazu zählt für ihn die Achtung vor der Schöpfung und damit der Schutz der Natur und unserer Umwelt. Außerdem sehe er die Gleichwertigkeit aller Menschen als Grundstein seines Handelns. "Daraus muss folgen, dass alle Menschen gleiche Rechte genießen und Menschenrechte für wirklich alle gelten", so Waitz.
NEOS-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter antwortet zur Frage nach seinem Menschen- und Weltbild wörtlich: "Solidarisches Miteinander, jede Persönlichkeit soll alle Chancen in einer Gemeinschaft haben. Wer diese Chancen hat, soll sich verpflichtet fühlen, Leistungen zu erbringen. Diejenigen, die auf Unterstützung angewiesen sind, sollen diese bekommen. Fairness, Respekt, Gerechtigkeit."
Christliche Wurzeln Europas
Zur Frage nach den christlichen Wurzeln Europas und wie diese wieder gestärkt werden könnten, meint Lopatka: "Europa und Österreich sind geprägt von jüdisch-christlichen Wurzeln, der Aufklärung und dem Bekenntnis zu Toleranz, Gleichheit, Solidarität und Respekt. Das christlich-humanistische Menschenbild bildet die Grundlage der Volkspartei und ist auch in der Europäischen Volkspartei verankert."
Für die SPÖ ist die EU eine "Rechts- und Wertegemeinschaft, sie basiert auf Pluralismus, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität, Nichtdiskriminierung und Gleichheit".
Vilimsky hält für die FPÖ fest: "Die EU ist nicht Europa und Europa nicht die EU. Demnach hat Europa christliche Wurzeln, welche die EU in Form einer linksideologischen Agenda verhindern will." Es sei ihm ein persönliches Anliegen, "dass die Christen als meist verfolgte Religion endlich Gehör finden und diese Verfolgung nicht verallgemeinert wird" so Vilimsky und weiter: "Die christlichen Wurzeln prägen unseren Kontinent und dementsprechend ist die Gefahr des radikalen Islams präsent, der diese Tradition gefährdet und durch die illegale Migration gefördert wird."
Waitz schreibt, dass Europa natürlich viele christliche Wurzeln habe, aber nicht nur. Auch das Judentum und der Islam spielten und spielen eine wichtige Rolle im Entstehen eines europäischen Wertefundaments. Dazu zählten insbesondere die Achtung der Menschenrechte, der Wert der sozialen Sicherheit, aber auch der Schutz der Umwelt. "Gerade im Zusammenhang mit der größten Herausforderung unserer Zeit, dem Kampf gegen den Klimawandel, erlebe ich, dass wir mit den Glaubensgemeinschaften oft verlässliche und starke Partnerinnen an unserer Seite haben", so Waitz.
"Europa ist das größte Projekt für Frieden, Freiheit und Solidarität in der Geschichte", hält Brandstätter fest. Diese Werte könne man auch aus dem Christentum ableiten. "In Zeiten wie diesen ist es daher unsere zivilgesellschaftliche Aufgabe, diese Grundpfeiler für ein friedliches Zusammenleben für die nächsten Generationen zu bewahren", so Brandstätter.
Alle Fragen und Antworten der Kandidaten finden sich unter https://www.christdemokratie.at/wahlpruefsteine-eu-wahl-2024/.
Plattform und Allianz
Die Plattform Christdemokratie setzt sich nach eigenen Angaben für das christliche Menschenbild und die Würde jeder Person ein. Man wolle - überparteilich und überkonfessionell - alle Menschen unterstützen, "die sich als Christen in politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Funktionen für christliche Kernanliegen einsetzen". - In Österreich und auf Europa-Ebene. (Infos: www.christdemokratie.at)
Die Österreichische Evangelische Allianz ist laut eigenen Angaben ein Netzwerk von Christen unterschiedlicher Konfessionen. Es besteht aus über 100 Organisationen, Kirchgemeinden, Unternehmen und rund 500 Einzelpersonen. (Infos: www.evangelischeallianz.at/)
Quelle: kathpress