Bevölkerungsentwicklung: Höchstes Geburtendefizit seit Weltkrieg
"Das höchste Geburtendefizit seit Ende des Zweiten Weltkriegs" vermeldet die Statistik Austria in ihrer am Dienstag veröffentlichten Übersicht über das Bevölkerungswachstum im Jahr 2023. Die Geburtenbilanz sei das vierte Jahr in Folge stark negativ, erklärte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas: "2023 verstarben rund 12.000 Personen mehr, als zur Welt kamen." Es liege nur an der Zuwanderung, dass am 1. Jänner 2024 mit 9.158.750 Menschen um knapp 53.000 (plus 0,6 Prozent) mehr in Österreich lebten als ein Jahr zuvor. 2022 sei die Bevölkerung noch um 125.843 Personen bzw. 1,4 Prozent gewachsen. Insgesamt kamen 2023 knapp 67.000 Menschen mehr aus dem Ausland, als Österreich verließen", berichtete Thomas aus der Bevölkerungsstatistik.
Den größten Zuwachs gab es laut Statistik in Wien - nunmehr eine Zweimillionenstadt: 2.005.760 Personen lebten zum Jahreswechsel in Österreichs Metropole, um 1,2 Prozent als im Jahr davor. 35,4 Prozent (710.419) der Bewohner Wiens sind ausländische Staatsangehörige. Außer in der Bundeshauptstadt - hier am stärksten - stieg die Bevölkerungszahl auch in allen anderen Bundesländern, durchschnittlich um plus 0,6 Prozent. Mit einem Plus von 0,1 Prozent verzeichnete Kärnten den geringsten Anstieg.
77.605 Kinder wurden 2023 in Österreich geboren, um 6,1 Prozent weniger als 2022. Das ist laut Statistik Austria der niedrigste Wert seit 2009, als 76.344 Babys zur Welt kamen. "Die Gesamtfertilitätsrate lag mit 1,32 Kindern pro Frau deutlich unter dem Vorjahreswert von 1,41 und sogar knapp unter dem bisherigen Allzeit-Minimum von 1,33 Kindern pro Frau aus dem Jahr 2001", hieß es. Am fortpflanzungsfreudigsten waren Vorarlberg mit 1,50 und Oberösterreich mit 1,45 Kindern pro Frau, am geringsten war die Gesamtfertilitätsrate in Wien, im Burgenland und in Tirol - zwischen 1,17 und 1,31.
2023 verstarben in Österreich knapp 90.000 Personen, um 3,8 Prozent weniger als im Jahr davor. Die Lebenserwartung bei der Geburt stieg sowohl bei Männern mit 79,4 Jahren als auch bei Frauen mit 84,2 Jahren um je 0,4 Jahre. Damit erreichte sie bei Frauen wieder das Niveau vor Beginn der Corona-Pandemie und lag bei Männern nur mehr um 0,1 Jahre unter dem Wert von 2019.
195.000 Personen aus dem Ausland zogen 2023 nach Österreich, 128.000 wanderten ab. Die Netto-Zuwanderung von Menschen ohne österreichischen Pass setzte sich zu 41 Prozent aus Staatsangehörigen eines EU- oder EFTA-Staates bzw. Großbritanniens und zu 59 Prozent aus anderen Drittstaatsangehörigen zusammen. Am häufigsten kommen Zuwanderer aus Deutschland (plus 8.458), Ungarn (plus 6.745) sowie Kroatien und Rumänien (jeweils plus 3.875) bzw. aus Syrien (plus 13.890), der Türkei (plus 5.024) und Afghanistan (plus 2.561). Der Anteil ausländischer Staatsangehöriger stieg bundesweit von 19 auf 19,7 Prozent.
Weniger Eheschließungen, mehr Scheidungen
Im Jahr 2023 wurden in Österreich weniger Ehen geschlossen und etwas mehr als im Jahr zuvor geschieden. Laut den ebenfalls am Dienstag von Statistik Austria veröffentlichten Daten heirateten insgesamt 45.855 Paare standesamtlich (785 davon gleichgeschlechtlich), um 3,4 Prozent weniger als im Jahr davor. Im gleichen Zeitraum ließen sich 14.721 Paare gerichtlich scheiden, um 5,2 Prozent mehr als 2022. Die Zahlen relativieren sich jedoch mit Blick auf den Fünfjahresdurchschnitt der Vor-Corona-Jahre, wies Generaldirektor Thomas hin: 2015 bis 2019 gab es mit 16.215 deutlich mehr jährliche Scheidungen und mit durchschnittlich 45.375 Verheiratungen stiegen die Eheschließungen an.
Bei den eingetragenen Partnerschaften gab es 2023 einen Zuwachs von mehr als einem Fünftel. 1.955 Paare entschieden sich für diese Lebensform, 181 lösten dieses Bündnis wieder auf, so Thomas.
Im Bundesländervergleich stechen Wien und das Burgenland in Bezug auf Eheschließungen hervor; dort stiegen diese leicht, während der stärkste Rückgang in Kärnten mit -7 Prozent in Kärnten verzeichnet wurde. Bei 71,4 Prozent der Eheschließungen im Jahr 2023 war es für beide Partner die erste Ehe. Das mittlere Erstheiratsalter der Männer lag bei 33,5 Jahren, das der Frauen bei 31,5 Jahren - beide steigen damit leicht an. Die nachträgliche Eheschließung ihrer Eltern betraf im Jahr 2023 insgesamt knapp 20.000 gemeinsame voreheliche Kinder.
Bein den Ehescheidungen gab es den stärksten Anstieg in Tirol (+12,9 Prozent), Kärnten (+11,9) und Vorarlberg (+11,1 Prozent), nur in der Steiermark (-0,2) gab es etwas weniger Scheidungen als im Jahr 2022. In 86,1 Prozent erfolgten die Trennungen in beiderseitigem Einvernehmen. Bei den insgesamt 1.802 strittig geschiedenen Ehen war zu 44,5 Prozent der Mann Schuld, zu 9,4 Prozent die Frau (32,7 Prozent beide, 13,3 keiner von beiden).
Die Gesamtscheidungsrate der Ehen lag 2023 mit 36,1 Prozent über dem Wert von 2022 (34,5), österreichweit zerbrechen in Kärnten die meisten fürs Leben geschlossenen Partnerschaften (41,3 Prozent, die wenigsten in Tirol. Insgesamt waren 17.408 Kinder, davon 12.524 davon minderjährig, von der Ehescheidung ihrer Eltern betroffen.
(Detailergebnisse abrufbar auf www.statistik.at)
Quelle: kathpress