Neue Beiträge über NS-Verfolgte im "Gedächtnisbuch Oberösterreich"
Das "Gedächtnisbuch Oberösterreich" wächst weiter: Mittlerweile erinnern 48 Biografien an oberösterreichische Menschen, die im Nationalsozialismus verfolgt wurden oder ihr Leben durch widerständiges Handeln gefährdeten. Nun wurden die neuen Seiten des Buches präsentiert, die sich heuer speziell mit Personen aus Bad Ischl auseinandersetzen, informierte eine Pressemitteilung der Diözese Linz am Mittwoch. Das Gedächtnisbuch feiert heuer sein fünfjähriges Bestehen und kann im Mariendom Linz sowie Linzer Schlossmuseum aufgeschlagen werden. Eine digitale Fassung findet sich auf der Webseite des Franz und Franziska Jägerstätter Institut an der KU Linz.
Unter der Moderation des Theologen und Autors Thomas Schlager-Weidinger (Private Pädagogische Hochschule der Diözese Linz) stellten die Beitragenden die erarbeiteten Biografien bei einer Veranstaltung am Dienstagabend vor und präsentierten anschließend die frisch eingefügten Seiten. So setzte sich etwa eine Enkelin mit ihrer in Hartheim ermordeten Großmutter und einem Familientabu auseinander. Die Linzer Fundamentaltheologin Michaela Quast-Neulinger stellte das Schicksal des Pfarrers Franz Brunner vor, der vom NS-Regime wegen NS-feindlicher Gesinnung verfolgt und für mehrere Jahre inhaftiert wurde. Michael Kurz, Historiker in Bad Goisern, beleuchtet das Leben und die umstrittene Erinnerung an Josef Plieseis, einem Mitglied des kommunistischen Widerstands.
Die Biografien wurden von Menschen mit inhaltlichem, geografischem oder persönlichem Bezug unter Betreuung des Projektteams erarbeitet und durch das Einfügen ins Buch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In den heuer präsentierten Beiträge hätten sich mehr als die Hälfte der Beitragenden mit Personen der eigenen Familiengeschichte auseinandergesetzt, hieß es.
Unter den Gästen befanden sich u.a. Diözesanbischof Manfred Scheuer, die Präsidentin der Kultusgemeinde Linz, Charlotte Herman, Museumsleiter Alfred Weidinger und Laurin Holzleitner von der Kulturdirektion Oberösterreich. Im Buch würden jene im Vordergrund stehen, "die standgehalten haben, das Unrecht nicht mitmachen wollten, ihm Widerstand leisteten und die unschuldig Verfolgten geholfen haben", sagte Bischof Scheuer. Man habe die Pflicht, den Opfern zuzuhören: "Nur wer sich das eigene Leid von der Seele reden kann und wer es von anderen anerkannt erfährt, kann sich mit sich und mit den anderen versöhnen."
Zu einer Kultur des Trauerns und des Todes gehört laut Scheuer das Wachhalten der Frage nach den Toten und ihrem Geschick. "Christ:innen erinnern sich der Toten, nicht damit sie leben, sondern weil sie leben. Sie hoffen auf Leben und Gemeinschaft mit den Verstorbenen über den Tod hinaus", erklärte der Bischof.
Besonderes Gedenkprojekt
Das seit 2029 bestehende Gedächtnisbuch Oberösterreich verbinde Wissenschaft und Forschung mit gelebter partizipativer Erinnerungskultur, erklärten die Initiatoren. Das Projekt umfasst die diversesten sozialen Gruppierungen, Altersgruppen, Weltanschauungen, Verfolgungsgründe, auch solche, deren Erinnerung teils bis in die Gegenwart eine Leerstelle darstellen. Um Teil des Projekts zu werden, können sich Interessierte an das "Franz und Franziska Jägerstätter Institut" wenden.
Quelle: Kathpress