Parlament: Gebetsfrühstück im Zeichen von Frieden und Wertschätzung
Im Zeichen der Bitte um Frieden und um eine konstruktive politische Debattenkultur angesichts der anstehenden Wahlen hat in Wien das inzwischen 7. Internationale Parlamentarische Gebetsfrühstück stattgefunden. Abgeordnete aller politischen Parteien sowie Vertreterinnen und Vertreter von insgesamt zehn Kirchen, Konfessionen und Religionen waren unter den rund 250 Teilnehmenden aus 16 Ländern. Das Treffen stand unter dem biblischen Motto "Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe". Eröffnet wurde das Gebetsfrühstück von den beiden Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) sowie vom Abgeordneten Günter Kovacs (SPÖ) vom Bundesrat. Für den inhaltlichen Impuls konnten die Organisatoren Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger gewinnen.
In seiner Begrüßung unterstrich Nationalratspräsident Sobotka den Auftrag der Kirchen und Religionen, das Zusammenleben der Menschen friedlich zu gestalten. Sobotka verwies zudem auf die Christen als weltweit größte verfolgte Glaubensgemeinschaft und ging auf andere verfolgte Gemeinschaften ein, etwa die muslimischen Uiguren in China. Ebenso zeigte er sich vom "Tsunami des Antisemitismus" erschüttert, dem Jüdinnen und Juden derzeit ausgesetzt seien.
Nationalratspräsident Hofer appellierte im Blick auf das Motto der Veranstaltung an die Politikerinnen und Politiker, sich als "Werkzeuge des Friedens" zu verstehen. Auch Günter Kovacs äußerte sich in ähnlicher Weise und hob die überparteiliche Bedeutung des Gebetstreffens hervor.
Religion und Naturwissenschaft
Quantenphysiker Zeilinger ging in seinem Impuls auf das Verhältnis von Religion und Naturwissenschaft ein. Zwischen beiden bestehe kein Widerspruch, wenn beide ihre jeweiligen Kompetenzbereiche nicht überschreiten würden. Die Existenz Gottes könne wissenschaftlich jedoch weder bewiesen noch widerlegt werden, so Zeilinger.
Der Physik-Nobelpreisträger bewegte sich in seinen Ausführungen an den Grenzen der Naturwissenschaft, die seiner Meinung nach "Freiräume für Religion" schaffen könnten. Er nannte etwa die Naturkonstanten oder die Naturgesetze, deren letztliche Begründung nicht innerhalb der Naturwissenschaft möglich sei. Selbiges gelte auch für die Evolution und den Zufall, der dabei eine bedeutende Rolle spiele. Als essenziell im Diskurs zwischen Naturwissenschaft und Religion betrachtete der Physiker die gegenseitige Achtung der jeweils anderen Argumentation.
Im "spirituellen" Teil seiner Ausführungen verwies Zeilinger u.a. auf die Überzeugung des katholischen Theologen Karl Rahner (1904-1984), wonach "der Christ der Zukunft ein Mystiker sein wird, oder er wird nicht sein".
Seitens der Katholischen Kirche waren u.a. der Wiener Weihbischof Franz Scharl, Altbischof Klaus Küng, Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka und der Präsident der Katholischen Aktion, Ferdinand Kaineder, beim Gebetsfrühstück vertreten. Für die orthodoxen Kirchen waren u.a. der russisch-orthodoxe Bischof Aleksij (Zanochkin) und der griechisch-orthodoxe Archimandrit Athanasius Buk mit dabei. Die evangelische Kirche wurde u.a. von Synodenpräsidentin Ingrid Monjencs und dem Wiener Superintendenten Matthias Geist vertreten. Ebenso waren Vertreterinnen und Vertreter der Freikirchen, der Serbisch- und Rumänisch-orthodoxen sowie der syrisch-orthodoxen Kirche gekommen.
Maßgeblich vorbereitet und moderiert wurde die Feier von den Abgeordneten Gudrun Kugler (ÖVP) und Elisabeth Feichtinger (SPÖ). Für die musikalische Gestaltung sorgten der christliche Liedermacher Siegfried Fietz und der Chor der Parlamentarierinnen und Parlamentarier, der von Thomas Dolezal geleitet wurde. Angehörige aller Parteien waren im Chor vertreten.
Im Parlament in Wien gibt es seit 1981 regelmäßige kleinere Treffen von Abgeordneten zum Austausch und Gebet, an denen seit 2016 alle Fraktionen vertreten sind. Sie treffen sich dazu in der Regel monatlich vor den Plenarversammlungen des Nationalrats. Bekanntheit erlangte diese interreligiöse und fraktionsübergreifende Initiative in Österreich, die seit über 60 Jahren in den USA praktiziert wird, durch das erste nationale und öffentliche Gebetsfrühstück 2017 im Parlament in Wien.
Quelle: Kathpress