Europa-Staatspreis an Toleranzgespräche Fresach und Schulprojekt
Zwei Vorzeigeprojekte mit Kirchen-Bezug haben den Europa-Staatspreis 2024 für sich entschieden: Das Kärntner Bergdorf Fresach mit den Europäischen Toleranzgesprächen in der Kategorie "Europa in der Gemeinde", sowie ein Schulprojekt am Wiener Gymnasium Maria Regina, in der Kategorie "Europa in der Bildung". Europaministerin Karoline Edtstadler überreichte am Dienstagabend die Auszeichnung, die 2015 von der Bundesregierung anlässlich der 20-jährigen Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union geschaffen und 2024 zum achten Mal vergeben wurde.
Fresach ist bereits seit über 50 Jahren Heimat für Wissenschaft und Schrifttum, schrieb das Dorf doch schon im Ost-West-Dialog mit der Internationalen Schriftstellertagung (1972-1996) Literaturgeschichte. 2011 setzte sich der Ort mit der Landesausstellung "Glaubwürdig bleiben - 500 Jahre protestantisches Abenteuer" und dem evangelischen Toleranzmuseum ein Wissens- und Architektur-Denkmal. Die seit 2015 alljährlich zu Pfingsten organisierten Toleranzgespräche knüpfen an diese Tradition an und führen den europäischen Einigungsgedanken mit einem eigenen Nord-Süd-Dialog fort. Die Gespräche werden vom Land Kärnten, der Stadt Villach und der Evangelischen Kirche sowie der Kunstsektion im Bundeskanzleramt maßgeblich unterstützt.
Inhaltlich werden in Fresach gesellschaftliche Entwicklungen und politische Bildung zu Fragen der sozialen Integration, Demokratie und Menschenrechte diskutiert. 2024 befassen sie sich mit der Frage "Wahrheit - Was ist wirklich?" und den zunehmenden Versuchen, die öffentliche Meinung mit "Fake News" und KI-gesteuerter Desinformation zu manipulieren. In der Begründung für die Entscheidung hieß es, das Kärntner Dorf trage durch die Initiative maßgeblich zur Erreichung der gemeinsamen Ziele der europäischen Verständigung und der Stärkung des Europabewusstseins bei. Entgegengenommen wurde der Preis von Bürgermeister Gerhard Altziebler und dem Organisationsteam des "Denk.Raum-Fresach", dessen Vertreter Wilfried Seywald erklärte, es sei von Beginn an um das Bemühen gegangen, "Europa erlebbar zu machen".
Jugendlichen die EU vermitteln
Für die Initiative "Maria Regina International" bekam weiters auch eine Pädagogin eines Schulstandorts der "Vereinigung von Ordensschulen Österreichs" (VOSÖ) die Auszeichnung verliehen. Die Gymnasiallehrerin Martina Schwarz verfolgt seit der beginnenden "Brexit"-Diskussion 2016 die Idee, Europa-Themen verstärkt in den Bildungsangeboten zu verankern. Das große Interesse der Schülerinnen und Schüler führte zu einem Basiskurs für die 8. Schulstufe, einer unverbindlichen Übung und einem zweijährigen Wahlpflichtgegenstand unter dem Titel "European Relationships & International Cooperation", kurz ERIC.
Ergänzt wird das Angebot, das im Rahmen eines mittlerweile fünfjährigen Curriculums auch Studienreisen nach Brüssel, Straßburg und Genf, Workshops und Vorträge umfasst, seit 2023 vom Alumni-Netzwerk "CLUB_ERIC", welches den jungen Menschen eine Fortführung ihres EU-Engagements auch nach dem Schulabschluss ermöglichen soll. Im gesamten Fächerkanon der Schule spiegle sich das Unterrichtsprinzip mittlerweile wider, hieß es. Dabei würden "Offenheit für Neues, Interesse am Fremden und Entdecken der eigenen Möglichkeiten in einer vernetzten Welt von morgen" besonders betont. Ziel sei auch, die Jugendlichen für europäische und internationale Studien- und Arbeitswelten vorzubereiten.
Edtstadler: EU im Alltag präsent
Europaministerin Edtstadler erinnerte bei der Verleihung an den nahenden 30. Jahrestag der Volksabstimmung über den EU-Beitritt Österreichs am 12. Juni 2024 und die EU-Wahlen am 9. Juni. Die EU sei "nicht in Brüssel oder Straßburg", sondern im Alltag der Menschen, wobei die nominierten und ausgezeichneten Projekte auf besondere Weise den europäischen Gedanken vor Ort in die Praxis umsetzen würden. "Sie zeigen, dass die EU in allen Bundesländern und Bezirken - an Schulen, in Gemeinden, Vereinen und Unternehmen - präsent ist. Und sie laden dazu ein, sich aktiv an der Mitgestaltung der Zukunft in der EU zu beteiligen."
Entscheidende Kriterien für die Auswahl waren insbesondere die Wirksamkeit der Projekte mit Blick auf das Erreichen neuer Zielgruppen sowie deren Nachhaltigkeit, Kreativität und Multiplikatoreffekte, hieß es. Weitere Preisträger waren die Projekte "Museumsverein Klostertal" (Kategorie "Europa in Kunst & Kultur"), "Europäisches Netzwerk und interkulturelle Kompetenz durch landwirtschaftliche Praktika" (Kategorie "Grenzenloses Europa"), sowie "EU Quiz Tour" (Kategorie "Europa erklären").
Quelle: kathpress