Befragung der Diözese Graz-Seckau weist auf neue Ehrenamtskultur
Kürzer, punktueller und klarer: In diese Richtung entwickelt sich das kirchliche Ehrenamt, hat eine großangelegte Befragung der Diözese Graz-Seckau herausgefunden. 2.900 ehrenamtlich Engagierte gaben dabei Auskunft über ihre Zufriedenheit, ihr Rollenbild und ihre Erwartungen, die sich laut den Ergebnissen verändern. "Ehrenamtlich Interessierte möchten sich verstärkt punktuell engagieren. Die Atmosphäre muss dabei stimmen, die Organisation selbst rückt in den Hintergrund", fasste die diözesane Prozessbereichsleiterin Barbara Krotil am Dienstag auf Kathpress-Nachfrage zusammen.
Vor allem Frauen (60 Prozent) sowie die Generation "60+" (47,6 Prozent) findet man unter den in der Steiermark kirchlich engagierten Ehrenamtlichen. Über 41 Prozent der Befragten gaben an, mehr als 21 Jahren freiwillig in Pfarren tätig zu sein. Deutlich geworden sei ein "Nebeneinander von traditionellem und neuem Ehrenamt", berichtete Krotil. Ein traditionelles Bild von Ehrenamtlichen sei speziell in "etablierten Organisationen" wie der Kirche stark vorhanden; dazu gehörten die Prinzipien "gewählt, ernannt, gebeten" und auf Dauer angelegte Dienste. Die Motivation von traditionellen Engagierten - meist ältere Personen - sei "aus der Pflicht heraus und weil sich das so gehört", berichtete die Bereichsleiterin.
Vereine und die katholische Kirche würden beides benötigen, also traditionelles wie neues Ehrenamt, betonte Krotil. "Ein Pfarrgemeinderat oder die Telefonseelsorge benötigen Kontinuität. Die Kirche kann aber für beiden Ehrenamtsformen Möglichkeiten bieten." Ziel der Befragung sei die Verbesserung der Rahmenbedingungen sowie das Aufzeigen von Entwicklungspotenzial für beide Ehrenamtsformen.
Mehr Klarheit nötig
Verbesserungsmöglichkeiten ortete Krotil beim "Onboarding" - also bei der Aufnahme neuer Ehrenamtlicher - in Pfarren. Ehrenamtlich Engagierte benötigten vor allem Klarheit für ihr neues Aufgabenfeld sowie Unterstützung und Begleitung durch andere Pfarrmitglieder. "Es braucht mehr Aufmerksamkeit für Menschen, die sich engagieren wollen", meinte die diözesane Expertin. Dazu gehöre eine Anfangsorientierung genauso wie eine Klarheit darüber, wie man sein Engagement auch wieder beenden könne.
So empfinden laut Umfrage jene Personen, die bereits länger ehrenamtlich tätig sind, "dass es keine klaren Vorgangsweisen gibt, wenn jemand ein Engagement beenden möchte und dass Konflikte weniger konstruktiv bearbeitet werden". Je länger man ehrenamtlich engagiert ist, desto weniger fühlt man sich durch verlässliche Ansprechpersonen oder fachlich und inhaltlich unterstützt, so das Fazit.
Zu einer positiven Anerkennung der Ehrenamtlichen würde laut Umfrage aber weniger der Blumenstrauß oder die Anerkennungsfeier zählen, sagte Krotil: "Menschen möchten sich und ihre Ideen einbringen." Dies habe einen höheren Stellenwert als Auszeichnungen und Ehrungen. So stimmen 37 Prozent mit "sehr wichtig" und 48 Prozent mit "eher wichtig" der Frage zu "Wie wichtig ist es Ihnen, dass Sie in Entscheidungen mit einbezogen werden?" "Ehrenamt heißt, mit eigenen Ideen mitgestalten zu wollen. Und genau das ist auch Kirche, dass man gemeinsam gestaltet", betonte Krotil, die in der Diözese Graz-Seckau auch die "Strategische Ehrenamtsentwicklung" verantwortet.
Junge engagieren sich anders
Unterschiede in der Einschätzung von Rollen, Konflikten und Motivation ergeben sich laut den Ergebnissen aber auch je nach Alter: Je jünger die Ehrenamtlichen sind, desto häufiger sehen sie sich als Gestalter des kirchlichen Lebens vor Ort und geben "Spaß haben beim Engagement, Menschen treffen und Freunde gewinnen" als Motivation an. Ältere Engagierte sehen sich stärker in der Unterstützerrolle von Hauptamtlichen und nennen öfter den Glauben als wesentliche Motivation für ihren Einsatz.
Das Alter spielt auch bei der Anerkennung eine Rolle: Je jünger, desto eher erwartet man sich Anerkennung - von Personen, für die man sich engagiert, von der hauptamtlichen Leitung oder vom Führungsteam des Seelsorgeraumes. "Letztlich sollten aber die Hauptamtlichen die Ehrenamtlichen unterstützen", merkte Krotil an.
Auch wenn das Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen wertschätzend (86,1 Prozent) erlebt wird, vermisst ein Drittel die frühzeitige Weitergabe von Informationen und das Achten auf die Grenzen ihrer Belastung (41,2 Prozent). Zudem würden vor allem jene, die sich bereits länger engagieren, ihr Arbeitsausmaß verringern, tun sich aber nicht, weil sie niemanden in Stich lassen wollen (61 Prozent), keine Nachfolge haben (45 Prozent) oder die Gemeinschaft vermissen würden (24 Prozent).
Drei Befragungen
Insgesamt wurden von 15. Jänner bis 4. Februar drei Befragungen durchgeführt: Eine Befragung von Hauptamtlichen und eine von Ehrenamtlichen; zusätzlich wurden 700 Steirerinnen und Steirer für einen "Zukunftsradar" befragt.
Die Gesamtauswertung werde in die Evaluierung des Kirchenentwicklungsprozesses und die Vorbereitung auf die Diözesankonferenz 2025 fließen, hieß es seitens der Diözese Graz-Seckau. Die Daten sollen zudem vom Personalentwicklungsnetzwerk und Netzwerk Ehrenamtsentwicklung als Grundlage für diözesane Maßnahmen herangezogen werden. (Infos: www.katholische-kirche-steiermark.at/ehrenamt)
Quelle: kathpress