Ordenspodcast: "Als Abt werden die Augenringe nicht kleiner"
Der 36-jährige Oberösterreicher P. Leopold Baumberger wurde vor einem Jahr - am 4. Mai 2023 - von den 21 Mitbrüdern im Stift Wilten zum 56. Abt des Tiroler Stiftes gewählt. Er ist der jüngste Mitbruder im Wiltener Konvent und einer der jüngsten Äbte Österreichs. In der aktuellen Folge des Podcasts "Orden on air" der heimischen Ordensgemeinschaften blickt Baumberger zurück auf den Moment seiner Wahl und zieht Bilanz des ersten Jahres im Amt.
"Schlicht und ergreifend surreal", beschreibt Baumberger den Moment, als er erfuhr, dass er der neue Abt ist. Er war regulär gar nicht wählbar, weil er eines der Kriterien, nämlich mindestens fünf Jahre ewige Profess, nicht erfüllte. Mit diesen Voraussetzungen braucht man eine Zweidrittelmehrheit im Konvent und eine Dispens von Rom, um überhaupt gewählt werden zu können. Er habe sich deshalb relativ sicher gefühlt, nicht gewählt zu werden, denn: "In Wilten eine Zweidrittelmehrheit zu erreichen, ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit." Doch gleich nach dem ersten Wahlgang wurde er eines Besseren belehrt. "Ich habe bestimmt zuerst etwas ungläubig dreingeschaut, und gleichzeitig habe ich mich sehr gefreut. Denn auf Anhieb so eine große Mehrheit zu haben, drückt einen großen Rückhalt aus, auf den ich nun bauen darf."
Dass ausgerechnet der Jüngste zum Abt gewählt wurde, sei dann doch "irgendwie eine kleine Sensation im positiven Sinne" gewesen, erinnert sich der Abt. Hunderte Gratulationen und eine Welle an Medienanfragen prasselten auf ihn ein. Es habe Wochen und Monate gedauert, alle Schreiben zu beantworten. "Da war ganz viel Mutmachendes und Positives dabei. Das war eine unglaubliche Rückenstärkung, wenn man mitbekommt, wie viele Menschen an einen denken, sich mitfreuen und mitfühlen."
Rückblickend auf sein erstes Jahr als Abt meint er: "Ich habe nach wie vor das Gefühl, dass der Rückhalt der Mitbrüder da ist. In diesem ersten Jahr ist auch schon viel gewachsen. Man ist mit Menschen auf dem Weg - da gibt es immer Baustellen und da gibt es auch manchmal Verwundungen. Aber Stück für Stück beginnt etwas zu wachsen und zu reifen."
Er sei dabei nicht der Typ, "der große Visionen entwirft". Ihm sei viel wichtiger, dass "eine Atmosphäre entsteht, wo jeder das entfalten kann, was ihn auszeichnet. Und auch, dass Wunden heilen können." Baumberger: "Wenn eine Umgebung, eine Atmosphäre der Geborgenheit und des Wohlfühlens entsteht, dann beginnt automatisch etwas Großes zu wachsen". Es liege sehr viel Schönes in der Aufgabe des Abtes, aber "die Augenringe werden nicht kleiner".
Sein erstes Jahr sei auch geprägt gewesen von zahlreichen Einladungen und Repräsentationsaufgaben: "Man müsste an manchen Tagen zu fünft sein, um an allen Terminen teilnehmen zu können. Gerade im ersten Jahr muss man vieles erst mal kennenlernen und sortieren."
Sorge für die Mitbrüder an oberster Stelle
An oberster Stelle stehe für ihn die Sorge für die Mitbrüder. "Der Begriff Abt kommt ja von Abbas, von Vater. Also, wie ein guter Vater für die Mitbrüder zu sorgen. Meine erste Aufgabe ist es, darauf zu schauen, dass es den 21 Mitbrüdern gut geht und die Gemeinschaft gestärkt wird." Die Patres des Stiftes Wilten betreuen insgesamt 23 Pfarren, hinzukommen mehrere Wirtschaftsbetriebe mit rund 30 Mitarbeitenden.
Abt Baumberger ist nach wie vor Seelsorger in Sellrain, der Gemeinde, wo er auch vor seiner Abtwahl tätig war. Und zudem ist er auch in zahlreichen Ehrenämtern engagiert: Bei der Freiwilligen Feuerwehr, den Tiroler Schützen, dem Theaterverein und bei den Jungbauern. Bei all diesen Tätigkeiten merke er, dass "mir das ein Stück weit Bodenhaftung gibt".
Quelle: kathpress