Ordensfrau: Von Indigenen lernen, wie anderes Leben möglich ist
Die Amazoniensynode, die vor knapp fünf Jahren - im Oktober 2019 - im Vatikan stattfand, kann bis heute die Kirche in ihrem aktuellen Ringen um Synodalität inspirieren. Das hat die deutsche Ordensfrau Birgit Weiler bei einem Vortrag am Montag an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Uni Innsbruck betont. Schon lange, bevor Synodalität zum zentralen Thema aktueller Reformdebatten wurde, seien synodale Lebens- und Dialogformen bei der Amazoniensynode erprobt worden, berichtete Weiler. Und nur durch diese neue Form des hörenden Dialogs sei auch die Stimme der indigenen Völker in der Kirche wieder lauter geworden: "Die indigenen Völker haben uns Christen daran erinnert, wie wichtig Visionen sind." Solche "Hoffnungsvisionen" brauche es gerade in der aktuellen Krisenzeit, so Weiler.
Sie habe die Amazoniensynode mit ihrer neuen Beratungsform als einen "historischen Moment" erlebt, berichtete Weiler, die dem 1925 von der Tirolerin Anna Dengl gegründeten Orden der Missionsärztlichen Schwestern angehört. "Denn erstmals haben sich dort Männer und Frauen aus indigenen Gemeinschaften eingebracht und direkt und ehrlich gesagt, was sie wertschätzen, welche Hoffnungen sie haben, was sie schmerzt." Es sei gelungen, dass die Kirche wirklich eine hörende Kirche wurde, "offen zu lernen" und sich zu korrigieren. Lernen konnte man laut Weiler etwa, was es heißt, mit der Schöpfung im Einklang zu leben, wie man trotz dramatischer ökologischer Zuspitzungen nicht die Hoffnung auf eine Kehrtwende verliert und wie viel Kraft in der Solidarität steckt: "Das große Problem Amazoniens lässt sich nicht vor Ort allein lösen und liegt auch nicht allein in der Verantwortung der Menschen vor Ort, sondern es braucht solidarische Brückenschläge."
"Sind in neuer Ära - auch als Weltkirche"
"Ich denke, wir sind in einer neuen Ära - auch als Weltkirche", so Weiler weiter. Dies zeige sich in einem neuen Selbstbewusstsein der indigenen Völker, in einer neuen Sensibilität für das Problem des Kolonialismus und in der Bereitschaft, vom anderen zu lernen. Ausdruck dieser neuen Ära ist etwa die "Kirchenkonferenz" Amazoniens, die sich nach der Amazoniensynode gebildet hat. Bestand zunächst die Absicht, eine eigene Bischofskonferenz für Amazonien zu schaffen, sei rasch die Erkenntnis gewachsen, "dass wir eigentlich schon synodal miteinander auf dem Weg gewesen sind - in den Diskussionen und Kleingruppen; und dass es dann viel konsequenter wäre, keine Bischofskonferenz zu gründen, sondern gleich eine Kirchenkonferenz, in der wir als Volk Gottes gemeinsam Sorge tragen für Amazonien."
Weiler hatte an der Amazoniensynode teilgenommen, die vom 6. bis 27. Oktober 2019 unter dem Thema "Amazonien - neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie" stattfand. Ansonsten lebt die Missionsärztliche Schwester in Peru, wo sie u.a. an der Päpstlichen Universität in Lima lehrt. Außerdem ist sie als theologische Beraterin der "Bischöflichen Kommission für die soziale Aktion" (CEAS) in Peru und der "Kommission für Gerechtigkeit und Solidarität" der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz (CELAM) tätig. Seit Februar 2024 ist sie Beraterin des vatikanischen Generalsekretariats der Weltsynode. 2011 wurde Weiler mit dem Erwin-Kräutler-Preis der Universität Salzburg ausgezeichnet.
Quelle: kathpress