Stift St. Paul präsentiert seine Bücherschätze
Der "Ambrosius-Kodex", das erste mit Buchmalerei versehene Manuskript Europas, die "Lorscher Annalen" als zeitgenössisches Zeugnis der Krönung Karls des Großen im Jahr 800 oder das Missale speciale abbreviatum aus der Druckerpresse von Johannes Gutenberg Mitte des 15. Jahrhunderts, das als eines der ältesten gedruckten Bücher der Welt gilt: Diese und weitere Schätze der berühmten Klosterbibliothek von Stift St. Paul im Kärntner Lavanttal hat der Leiter des Stiftsmuseums, Pater Gerfried Sitar, anlässlich des Welttags des Buches in der "Kleinen Zeitung" (Ausgabe 23. April) präsentiert.
Die Büchersammlung des Stiftes mit ihren mehr als 100.000 Exemplaren zählt neben der Nationalbibliothek in Wien zu den bedeutendsten Kollektionen von Manuskripten in Österreich. Die Handschriftensammlung in St. Paul ist laut Sitar die einzige in Österreich, die die Evolution der Schreibkunst vom 5. bis ins 18. Jahrhundert lückenlos dokumentiert. Seit 2009 sind die Kellerräume mit rund 1,9 Kilometern an Bücherregalen der Ort, an dem etwa 70.000 Bände "vom Wissen klösterlicher Gelehrter erzählen und Geschichte mit dem Hauch der Lebendigkeit erfüllen", wie es auf der Website des Benediktinerstiftes heißt.
Mittelalterliche "Micky Maus"
Weitere Kostbarkeiten sind die "Rota compositionis", die älteste Harmonielehre der Welt, Minne-Texte aus dem Hochmittelalter oder das "Reichenauer Schulheft" - eine Sammelhandschrift aus dem frühen 9. Jahrhundert, die ein altirisches Gedicht über den Klosterkater Pangur Ban enthält, der "für die Iren das ist, was für die Amerikaner die Micky Maus ist", so der Stiftsmuseumsleiter. Neben den Bücher befinden sich auch etwa 2.000 Urkunden im Besitz des Stifts, darunter von Ludwig dem Frommen (778-840) und Otto dem Großen (912-973) unterschriebene Urkunden oder auch eine Urkunde, mit der Renaissancepapst Alexander VI. (1431-1503) den Ablasshandel für St. Paul regelte.
Die Bücherschätze liegen seit Beginn des 19. Jahrhunderts in St. Paul. Die Klosteraufhebungen unter Joseph II. trafen 1787 auch das Stift, ein Großteil der Bücher ging nach Klagenfurt in die "K. K. Stiftsbibliothek". 1809 bezogen Benediktinermönche des ebenfalls aufgelösten Klosters St. Blasien im Schwarzwald das Stift und brachten die wertvolle Büchersammlung, aber auch Kostbarkeiten wie das Adelheid-Kreuz aus dem 11. Jahrhundert oder Werke von Rubens, Dürer oder Rembrandt mit nach Kärnten, wie die "Kleine Zeitung" darlegte. Gesichert sind die Glanzstücke durch Alarmanlagen, Videoüberwachung oder gepanzerte Brandschutztüren in einem Raum mit einer Temperatur von konstant unter 21 Grad und ca. 50 Prozent relativer Luftfeuchte.
Ausstellung "Nackt. Zieht an." ab 1. Mai
Zugänglich ist die Schaubibliothek von St. Paul wieder ab 1. Mai, wenn das Stift sein Museum für die neue Ausstellung "Nackt. Zieht an." öffnet. In der Ankündigung der Schau heißt es: "Der nackte Körper inspirierte Künstler und Denker gleichermaßen und gipfelt schließlich im Schönheitswahn aller Epochen. Gleichzeitig wird der Leib verletzlich und ist dem Prozess der Vergänglichkeit ausgesetzt." Mit der Ausstellung über den "Menschen, wie Gott ihn schuf" sei ein Thema gewählt worden, "das berührt, anzieht, polarisiert, abschreckt, aber auch neugierig macht". Geöffnet ist die Schau im Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal bis 27. Oktober, jeweils Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr. (Info: www.stift-stpaul.at)
Quelle: kathpress