Mazal: Leitkultur-Debatte soll Zusammenhalt in Gesellschaft stärken
Der Präsident des Katholischen Laienrates Österreichs (KLRÖ), Prof. Wolfgang Mazal, hat das Vorhaben verteidigt, eine neue Leitkultur zu erarbeiten. "Es geht darum, die Voraussetzungen für unser gemeinsames Zusammenleben zu überprüfen. Welche Formen des Zusammenlebens wollen wir pflegen, damit sie uns in eine gute Zukunft leiten?" so Mazal am Sonntag im Interview in der ORF-Sendung "Orientierung". Das müsse freilich ein breiter, partizipativer Prozess sein, betonte Mazal. Er gehört der von Integrationsministerin Susanne Raab eingesetzten Expertengruppe zur Erarbeitung einer österreichischen "Leitkultur" an. Das Gremium tagte Ende März.
Das Zusammenleben lasse sich nicht nur mit Gesetzen regeln, zeigte sich Mazal überzeugt. Der Rechtsstaat bzw. die Verfassung würden von Voraussetzungen leben, die sie selbst nicht schaffen könnten, verwies der Laienratspräsident auf das bekannte Böckenförde-Diktum aus den 1960er-Jahren. Wechselseitiger Respekt dürfe etwa nicht erst dort ansetzen, wo das Strafrecht beginnt. Für ihn gehe es darum, so Mazal, "dass man auch die geordneten Lebensweisen, die vor der rechtlichen Normierung stehen, überprüft und das Gemeinsame sucht".
Zu den von der ÖVP kurzzeitig verbreiteten "Maibaum-Videos", meinte Mazal, dass ihn diese auch verwundert hätten. Dabei handle es sich um Brauchtum. Brauchtum gehöre in gewisser Weise natürlich zu einer Leitkultur dazu, "allerdings im Sinne des gegenseitigen Respekts vor wechselseitigen Bräuchen". Eine Leitkultur-Abstellung nur auf Brauchtum verkürze das Thema aber zweifellos in einer unzulässigen Weise.
Nach Ansicht Mazals wäre etwa ein wesentlicher Punkt einer österreichischen Leitkultur: "Es soll sich von der Mehrheitsgesellschaft niemand diskriminiert fühlen, wenn die Minderheitsgesellschaft ihre Bräuche lebt, aber umgekehrt die Minderheitsgesellschaft auch nicht diskriminiert fühlen, wenn die Mehrheitsgesellschaft ihre Bräuche leben möchte."
Der Begriff der Leitkultur habe in der Vergangenheit viele Höhen und Tiefen erfahren, sagte der Laienratspräsident. Ihm wäre es ein Anliegen, "wenn wir ihn wieder in einem positiven Licht sehen und ihn als Leitstern in einer Diskussion darüber sehen, was uns in unserer Gesellschaft tatsächlich verbindet. Was führt uns zusammen, was eint uns und was verstehen wir unter dem gemeinsamen Kulturellen, jenseits des rechtlich Normierten."
"Chance zur Reflexion"
Auch in einem "Kurier"-Gastbeitrag hatte sich Mazal zur Debatte zu Wort gemeldet und in gleicher Weise argumentiert. Frage nach der Leitkultur sollte nicht als sinnlos oder gar als reaktionär-nationalistisch beiseitegeschoben werden, "weil sie zur Überlegung zwingt, was uns als Bewohner des Staates Österreich gemeinsam ist". Für ihn gehe es nicht darum, "eine bestimmte Lebensweise einer anderen unterzuordnen, sondern um einen Nachdenkprozess zur Überprüfung des Gemeinsamen".
Die Entwicklung von Leitbildern sei in Unternehmen heute selbstverständliches Instrument der Vergewisserung gemeinsamer Werte und Ziele, so Mazal: "Ich sehe eine Diskussion über eine Leitkultur als Chance zur Reflexion darüber, was für uns als österreichische Gesellschaft wertvoll ist. Führen wir die Debatte konstruktiv - wir könnten entdecken, was für den Zusammenhalt der Gesellschaft wichtig ist!"
Quelle: kathpress