Katholische Aktion: Diskussion um Leitkultur ist "Scheindebatte"
Weniger "Scheindebatten" und "populistische Hohlphrasen", dafür eine tatsächliche Verbesserung der politischen und demokratischen Kultur im Land: Das fordert die Katholische Aktion Österreich (KAÖ) rund um die aktuelle Debatte zum "Leitkultur"-Begriff in einer Aussendung am Montag. "Wie der Begriff 'Leitkultur' derzeit verstanden und auf parteipolitischen Ebenen eingesetzt wird, ist er nicht hilfreich", so die Analyse des KAÖ-Präsidial-Teams, bestehend aus Ferdinand Kaineder, Katharina Renner und Brigitte Knell. Notwendiger sei indes die Einbeziehung vieler gesellschaftlicher Bereiche und Gruppierungen in politische Prozesse, denn "nur wer aufrichtig ernstgenommen wird, wird sich einer Gemeinschaft, einer Gesellschaft zugehörig fühlen und sich einbringen".
"Anstatt unsere Energie in dieser aufgeheizten Debatte zu vergeuden, sollten wir uns auf die wesentlichen Ziele und Probleme unserer Gesellschaft konzentrieren und gemeinsam Lösungen suchen", heißt es in der KA-Aussendung. Aktuell werde der Leitkultur-Begriff jedoch weniger dazu verwendet, "Gemeinsamkeit zu schaffen und zu stärken, sondern eher, auszugrenzen, zu spalten, zu trennen, gesellschaftliche Gruppen zu stigmatisieren und gegeneinander auszuspielen".
Die Prinzipien, Leitlinien und Werte, "die als breiter Grundkonsens unserer Gesellschaft gelten", seien bereits formuliert und vorhanden, erinnerte das KAÖ-Präsidium - etwa in Form der österreichischen Verfassung und der Gesetze sowie der Menschenrechtskonvention. In einer liberal verfassten demokratischen Ordnung müsste der öffentliche politische Diskurs, die demokratischen Institutionen und gewählte Verantwortungsträger Fragen der konkreten Gestaltung aushandeln.
Konkrete Maßnahmen gesucht
Zu einer Verbesserung der politischen und demokratischen Kultur gehört es laut Kaineder, Renner und Knell auch, Alternativen zu Gewalt als Mittel der Konfliktlösung anzubieten. Als Gegenmaßnahmen zu Gewaltphänomen, wie Messerstechereien unter Jugendlichen oder sexuelle Gewalt gegen Frauen und Femizide nannten sie "rechtliche und soziale Maßnahmen und immer wieder Bewusstseinsbildung". Weiters brauche es konkrete Maßnahmen gegen den Klimawandel, Armut, Arbeitslosigkeit und Inflation. Hier sei mehr als ein politischer Wille gefragt, sondern die Einbeziehung vieler gesellschaftlicher Bereiche und Gruppierungen. Dazu gehöre auch das Wahlrecht und ein erleichterter Zugang zur Staatsbürgerschaft für Menschen mit Migrationshintergrund.
Kirchen an Anziehungskraft verloren
Zur Frage nach dem Verhältnis zwischen Religion und Gesellschaft - ein Thema, das in der von der ÖVP angestoßenen Debatte ebenfalls benannt wurde - hielt die KAÖ fest, dass die gegenwärtige gesellschaftliche Ordnung in Österreich und Europa zwar vielfach christlich konnotiert sei, die Anerkennung der Menschenrechte, darunter die Religionsfreiheit, den Kirchen jedoch abgerungen werden musste. "Und auch heute ist keine christliche Kirche vor Fundamentalismen und Fundamentalisten gefeit, so wie jede andere Religion auch", so die KAÖ.
Zudem hätten die meisten christlichen Kirchen in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten an Anziehungskraft verloren. "Die Verantwortung dafür können wir uns als Kirchen aber nur selber zuschreiben und nicht auf andere Religionsgemeinschaften oder Weltanschauungen abschieben", meinte das Präsidial-Team. Und weiter: "Ob der christliche Glaube und eine Mitgliedschaft in einer christlichen Gemeinschaft heute und morgen als attraktiv erlebt wird, dafür sind wir als Christen und als Kirche ebenso selbst verantwortlich. Als Katholische Aktion wollen wir uns dafür aktiv einbringen und Menschen Raum geben."
Quelle: kathpress