Armenien: Bischof Krautwaschl von Katholikos Karekin II. empfangen
Der steirische Bischof Wilhelm Krautwaschl ist am Sonntag in Armenien von Katholikos Karekin II., Oberhaupt der Armenisch-apostolischen Kirche, empfangen worden. Krautwaschl hält sich derzeit an der Spitze einer großen Delegation von "Pro Oriente" und der Katholischen Hochschulgemeinde zu einem mehrtägigen Solidaritätsbesuch in Armenien auf. Im Mittelpunkt der Begegnung in Etschmiadzin, dem Sitz des Katholikos, stand laut einer Mitteilung der armenischen Kirche die schwierige Situation Armeniens und seiner Bevölkerung, ausgelöst durch die Aggressionen Aserbaidschans.
Katholikos Karekin II. dankte dem Bischof für seinen Besuch und die Hilfe für die Not leidenden Geflüchteten aus Berg-Karabach, die in Armenien Aufnahme gefunden haben. Bischof Krautwaschl seinerseits sicherte dem armenischen Kirchenoberhaupt weitere Unterstützung zu. Begleitet wurde die steirische Kirchendelegation in Etschmiadzin auch vom Wiener armenischen Bischof Tiran Petrosyan.
In einer kurzen Mitteilung auf Facebook rief Bischof Krautwaschl dazu auf, im Bemühen um den Frieden und in der Hilfe für Armenien nicht nachzulassen. Zugleich zeigte er sich tief beeindruckt vom reichen christlichen, spirituellen und kulturellen Erbe Armeniens.
Die Delegation aus der Steiermark hält sich noch die ganze Woche in Armenien auf. Neben weiteren Gesprächen, Gottesdiensten und kulturellen Besuchen stand bereits am Sonntag auch ein Besuch der Genozid-Gedenkstätte Zizernakaberd ("Schwalbenfestung") in Jerewan auf dem Programm.
Das Leid des armenischen Volkes müsse wahrgenommen werden. "Hier dürfen wir nicht wegschauen", hatte Bischof Krautwaschl bereits im Vorfeld der Reise gegenüber Kathpress betont. Krautwaschl erinnerte an die Begegnung der heimischen Bischöfe mit Bischof Petrosyan bei der Herbstvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz im vergangenen Jahr. Petrosyan hatte die Bischöfe damals ermutigt, persönlich nach Armenien zu reisen, um so ihre Solidarität zum Ausdruck zu bringen.
Kriegsgefahr nicht gebannt
Am 19. September 2023 hatte Aserbaidschan die armenische Enklave Berg-Karabach (Artsach) mit überlegenen militärischen Mitteln angegriffen. Schon nach einem Tag war der Krieg entschieden. Dem Angriff vorausgegangen war eine rund neun Monate dauernde Totalblockade Berg-Karabachs durch Aserbaidschan. Mehr als 110.000 Armenier mussten noch im September 2023 über Nacht ihre Heimat verlassen und haben in Armenien Aufnahme gefunden. Seit Jahresbeginn 2024 hat Artsach auch offiziell aufgehört zu existieren.
Entlang der Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan ist es in den vergangenen Tagen - trotz laufender wie zugleich schleppender Friedensverhandlungen - immer wieder zu Scharmützeln gekommen. Beide Seiten machen einander dafür verantwortlich, wobei Beobachter darauf hinwiesen, dass eine Eskalation der Situation für das militärisch schwächere Armenien keinen Sinn machen würde. Aserbaidschan hat immer wieder weitere Gebietsansprüche auf armenisches Territorium angemeldet. Präsident Ilham Alijew bezeichnete unlängst sogar die armenische Hauptstadt Jerewan als aserbaidschanische Stadt.
Bei den aktuellen Friedensverhandlungen soll es etwa um einige Dörfer im Norden Armeniens in der Tavush-Region gehen, die vom armenischen Militär Anfang der 1990er-Jahre besetzt wurden. Der armenische Premierminister Nikol Paschinjan soll sie seinem Gegenüber zur Rückgabe angeboten haben. Das hatte einen Sturm der Empörung in Armenien zur Folge, in die auch Katholikos Karekin II. einstimmte.
Das Kirchenoberhaupt ficht seit Langem einen politischen Disput mit Paschinjan aus, da der Regierungschef seiner Meinung nach zu wenig energisch die Interessen Armeniens gegenüber Aserbaidschan verfolgt. Mit territorialen Zugeständnissen könne man Aserbaidschan nicht zufriedenstellen, so der Katholikos in einer öffentlichen Erklärung. Er rief alle Armenier auf, die staatliche Unabhängigkeit Armeniens mit allen zu Gebote stehende Mitteln zu verteidigen.
Quelle: kathpress