Kein Helnwein-Ostertuch: Schönborn begrüßt Domkapitel-Entscheidung
Kardinal Christoph Schönborn steht hinter der Entscheidung des Wiener Domkapitels, auf das von Gottfried Helnwein gestaltete diesjährige Fastentuch nicht, wie ursprünglich geplant, ein "Ostertuch" und ein "Pfingsttuch" des Künstlers folgen zu lassen. Im Interview mit Kathpress und den Medien der Erzdiözese Wien sagte Schönborn, dass er den Argumenten des Domkapitels zustimme. Diese seien nachvollziehbar. Er könne nachfühlen, warum das Domkapitel zu dieser Entscheidung kam. Die Begründung sei gut überlegt.
Das Domkapitel von St. Stephan in Wien hatte am 21. März bekannt gegeben, dass das erst am Tag zuvor dem Domkapitel erstmals vorgelegte "Ostertuch" eines Kindes mit den Wundmalen Christi zwar in sich ein "beeindruckendes und ernst zu nehmendes Kunstwerk" sei. Im Blick auf Ostern und die Art der Darstellung könnte es aber "Menschen verstören" und polarisieren, weswegen die geplante Fortsetzung des Helnwein-Zyklus nicht stattfinde.
Das ursprünglich für die Osterzeit geplante Tuch rege zum Nachdenken über die Gewalt an den Schwächsten an und passe theologisch zum Topos von Christus, der, selber unschuldig, die Schuld der Menschen auf sich genommen habe. In der unvermittelten Drastik der fotorealistischen Darstellung eines blutenden Kindes als 14 Meter hohes, dominantes Element des Altarraumes riskiere dieses Motiv aber, "Menschen zu verstören oder in ihren Gefühlen zu verletzen", gab das Domkapitel zu bedenken. Ein Kirchenraum müsse aber auf den Vorrang von Seelsorge und Gebet Bedacht nehmen und dem Bedürfnis vieler Menschen nach einem geschützten Raum für Feier und Besinnung Rechnung tragen.
In der Ö1-Sendung "Im Fokus" am Mittwoch nahm für das Wiener Domkapitel dessen Vorsitzender Prof. Rudolf Prokschi Stellung zur Causa. Er nannte als Hauptgrund der kurzfristigen Entscheidung, dass Helnweins Darstellung eines verwundeten Kindes verschiedenste Interpretationsrichtungen offen lasse; nicht zuletzt werde auch die Missbrauchs-Debatte angesprochen. Dabei gelte: "Der Dom, und noch dazu der Altarraum des Domes, soll nicht zum Kampfplatz werden", so der Theologe und Priester.
Helnwein ortet "Cancel Culture"
Helnwein selbst verurteilte in der gleichen Sendung den "unüberlegten Kurzschluss der Verantwortlichen des Doms" und erklärte, er könne die Begründung des Domkapitels "nicht nachvollziehen". Die Katholische Kirche habe eine "2.000 Jahre alte Tradition in der Darstellung des Schmerzes, Todes und Blutes" und stelle Leiden, Folter und Schmerzen mehr ins Zentrum als jede andere Religion. Die Nicht-Aufhängung des zweiten Sujets sehe er als Beispiel und Opfer einer auch im Kunstbereich zu beobachtenden "Cancel Culture", einer "Zensurorgie".
Wenn die Sorge um Kindesmissbrauch hinter dem Entschluss des Domkapitels gestanden sei, so sehe er es als "untaugliches Mittel, gegen Künstler vorzugehen" und Bilder zu verbieten, zumal damit Kindern nicht geholfen sei, so Helnwein weiter. Wirksamer wäre es aus seiner Sicht, wenn die katholische Kirche bei sich selbst "aufräume unter Leuten, die Missbrauch betreiben".
Wie der Künstler weiters erklärte, habe er "viel Arbeit in etwas investiert, das nun nicht gezeigt wird". Geld sei dafür nicht geflossen, er mache große öffentliche Installationen immer ehrenamtlich und rein aus humanitären und sozialen Anliegen.
Quelle: kathpress