Bad Ischler Pfarrer: Jesus hat Sündenbock-Mechanismus durchbrochen
Die zentrale Botschaft von Ostern hat Christian Öhler, Stadtpfarrer der Kulturhauptstadtgemeinde Bad Ischl, am Gründonnerstag in den "Oberösterreichischen Nachrichten" (OÖN, 28. März) hervorgehoben. Dass Jesus für die Sünden anderer starb, sei für ihn "nicht mehr vermittelbar", "damit kann ich nichts mehr anfangen". Jesus sei aus Liebe gestorben, habe "nicht andere bluten lassen, er hat selbst geblutet". Weil er gewaltfrei blieb, hätten die Menschen zu denken angefangen und seien in ihrem Gewissen herausgefordert, sagte der Geistliche in dem Interview. "Es gibt für uns jetzt überall schwarze Schafe, Blitzableiter oder Sündenböcke. Jesus hat sich selbst zum Sündenbock gemacht, um diesen Mechanismus zu durchbrechen."
Gott hat den von Jesus beschrittenen Weg gerechtfertigt, erklärte Öhler. Seine Auferstehung stehe dafür, "dass die Opfer der Geschichte doch noch irgendwie zu ihrem Recht kommen. Dass es für die vielen Leute, die auf der Strecke geblieben sind, noch eine Perspektive gibt. Sonst würde viel zu oft das Böse gewinnen." Für den seit 2010 in Bad Ischl wirkenden Priester sind auch Versöhnung und Vergebung zentrale Themen zu Ostern, die dazu auffordern, "über deinen eigenen Schatten zu springen". Ein Mensch könne nicht gut leben, wenn er nicht versöhnt ist. "Aber dafür müssen wir den eigenen Anteil sehen und uns von Kränkungen nicht auffressen lassen", riet Öhler.
Wer diese zentralen Glaubensbotschaften verstehen will, müsse sich dafür freilich auch Freiräume schaffen und sich "auf eine Suche begeben". Der Stadtpfarrer beklagte, dass sich heute keiner mehr die nötige Zeit dafür nehme. Ein Faktor, "von allen Seiten überladen" zu werden, seien die sozialen Medien, "in denen es entweder um schöne Urlaubsbilder, gutes Essen oder ums Hinhacken auf andere geht". Dazu Öhler: "Wir müssen aufhören, ständig Schuldige zu suchen und uns mehr mit uns selbst beschäftigen."
Die Karwoche biete dafür eine gute Gelegenheit. Kritik übte Öhler daran, dass jetzt in Oberösterreich auch in den unteren Ligen am Karfreitag Fußball gespielt wird und die Kirche "nicht den Moralapostel spielen" wolle, wie es der Präsident der Diözesansportgemeinschaft (DSG), Prämonstratenserpater Christian Zoidl, am Mittwoch in den OÖN formuliert hatte. Er finde das schade, meinte Öhler. "Die Kirche ist heute weit entfernt, etwas zu diktieren", sollte aber als Angebot verdeutlichen: "Ein Tag der Ruhe, des inneren Friedens, ist kein verlorener."
Kirche als "kulturelle Nahversorgerin"
In der Osterausgabe der Linzer "KirchenZeitung" (27. März) ging der Stadtpfarrer darauf ein, dass Bad Ischl gemeinsam mit 23 Salzkammergut-Gemeinden heuer Europäische Kulturhauptstadtregion ist. Auf die Frage, warum die Kirche in diesem Orchester so intensiv mitspielen will, antwortete Öhler: "Salzkammergut 2024 versteht Kultur als 'das neue Salz', das unserer Region einen unverwechselbaren Geschmack verleiht." In Anlehnung an Jesu Aufforderung, "Salz der Erde" zu sein, sei es naheliegend gewesen, ein Jahr lang "auszutesten, wie es um unsere Würze bestellt ist". Das Netzwerk von Pfarrgemeinden sei an Projekten wie dem "Wasserpilgern" entlang der Traun und dem "Große Welt-Raum-Weg" in die wilde Natur des Toten Gebirges beteiligt, wies Öhler hin. Sein erstes Resümee: "Es ist uns gelungen, Kirche als kulturelle Nahversorgerin über kirchennahe Kreise hinaus ins Gespräch zu bringen."
Quelle: kathpress