Bischof Glettler: Zu Ostern das Leben wählen
Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler hat dazu aufgerufen, Ostern bewusst zu feiern. Dieses Fest versuche eine Antwort auf einige bedrängende Fragen des Menschseins zu geben: "Was tun, wenn das Böse übermächtig erscheint? Was tun, wenn sich Verzweiflung nahelegt? Wohin mit den Ängsten?" Die Osterbotschaft laute: "Du bist nicht allein! Gott reicht dir die Hand. Er kann dich aus dem Loch der Hoffnungslosigkeit herausziehen. Auch aus den Trümmern des Versagens kann wieder Neues entstehen." Ostern sei ein Neubeginn. "Wir haben die Wahlmöglichkeit für das Leben, für alles, was das Leben fördert. Und wir müssen wählen. Vor allem die Option für die Schwächsten in unserer Gesellschaft", so der Bischof im Interview mit den Tiroler Bezirksblättern.
Es gehe beim Osterfest um weit mehr als um ein "nettes Frühlingsfest", so der Bischof: "Jesus ist der tatsächliche Erlöser, der uns aus allen negativen Szenarien herausführen und Hoffnung schenken kann, wenn wir ihm Raum geben. Ostern bringt es auf den Punkt: Vergebung ist möglich, ein Neuanfang ist möglich."
Es sei dabei wichtig zu verstehen, "dass wir als Gesellschaft nur gemeinsam vorankommen können". Die Lernschritte dafür würden in der unmittelbaren Nachbarschaft beginnen. Gerade in Zeiten unzähliger Krisen sei es wichtig, den vielen "Kleinkriegen" keine Chance zu geben. Es gelte, bei den Worten und Gesten "abzurüsten, statt aufzumunitionieren". Nachsatz: "Das gilt natürlich auch für den Wahlkampf."
Das Gebet stärkt die Solidarität
Der Bischof unterstrich im Interview zudem die Bedeutung des Gebets: "Wer sich auf Gottes Nähe einlässt, wird ausgeglichener, dankbarer und aufmerksamer. Und Beten ist nicht kompliziert." Angesichts der enormen Verunsicherungen der gegenwärtigen Zeit bedeute Beten, "den inneren Frieden wieder zu finden, sich in Gott zu verwurzeln", so der Bischof. Das Gebet unterbreche die Alltagsgeschäftigkeit, "ist jedoch keine Flucht aus der Welt. Ganz im Gegenteil. Christliches Beten ist eine Weltzuwendung. Es verbindet uns besonders mit jenen, die mit großen Herausforderungen kämpfen oder schweres Leid zu ertragen haben." Echtes Gebet stärke eine solidarische Verbundenheit über alle möglichen Grenzen hinweg. Glettler: "Das ist enorm wichtig - gerade angesichts vieler Polarisierungen und Verhärtungen, die wir täglich beobachten."
Er sei zutiefst davon fest überzeugt, "dass die christliche Spiritualität für unsere Zeit unendlich wertvoll ist", betonte Glettler. Die Mitte und zentrale Gestalt christlicher Spiritualität sei Jesus von Nazareth: "Er ist Gottes Nähe und Barmherzigkeit in Person." Eine oberflächliche Wellness-Spiritualität komme an die Qualität seiner Frohbotschaft und an das Zeugnis seines Lebens niemals heran. "Die Botschaft Jesu ist nicht die eines Helden, der mit starker Hand durchgreift, sondern vielmehr die einer selbstlosen Hingabe. Sie gibt Menschen echten Halt und schließt niemanden aus. Die Auferstehungskraft des christlichen Glaubens erfahren wir von Neuem zu Ostern."
Interesse an jungen Menschen
Zur Frage, wie die Kirche mit ihrer Botschaft junge Leute wieder besser erreichen kann, meinte der Bischof, dass dies am besten in persönlichen Begegnungen und mit einem ehrlichen Zuhören gelinge. Einsamkeit sei auch unter jungen Menschen zu einem großen Thema geworden. "Wer ist denn da, der wirklich zuhört und nachfragt? Der Aufbau von Vertrauen ist das einzige Rezept, das wirklich funktioniert."
Nach Gesprächen mit jungen Leuten sei er immer selbst am meisten beschenkt, so Glettler: "Ich lasse mich gerne in Schulen einladen. Jugendliche haben ein gutes solidarisches Bewusstsein und eine hohe Sensibilität, wenn Ungerechtigkeiten oder Diskriminierungen passieren. Da müssen wir als Kirche lernen." Wirkliches Interesse an der Lebenswelt der jungen Menschen sei jedenfalls vonnöten.
Auf den mangelnden Priesternachwuchs angesprochen sagte der Bischof, dass man auch in anderen Bereichen wie beim Religionsunterricht oder in verschiedene pastorale Tätigkeiten mehr Mitarbeitende brauchen würde. Dennoch sei er zuversichtlich, "dass eine Zeit kommen wird, in der junge Menschen sich wieder leichter dafür ansprechen lassen, insbesondere wenn sie jemanden erleben, der authentisch seinen Glauben lebt". Es gebe mittlerweile auch Angebote für Quereinsteiger, die berufsbegleitend eine religionspädagogische oder theologische Ausbildung machen möchten, fügte der Bischof hinzu.
Quelle: kathpress