Kirchliche Solidaritätsreise zu Flüchtlings-Hotspots in Bosnien
Vertreter des Wiener "Pfarrnetzwerks Asyl" haben ihre Solidarität mit den Menschen, die an der EU-Außengrenze am Balkan gestrandet sind, sowie mit ihren Helfern bekundet. Begleitet vom österreichischen Hilfswerk SOS Balkanroute, haben vier Aktivisten - darunter auch ein Ordensmann der Steyler Missionare und ein Vertreter der Erzdiözese Wien - in der vergangenen Woche Partner der Flüchtlingshilfe in Bosnien-Herzegowina und Kroatien besucht. Ein Lokalaugenschein im Lager Lipa bei Bihac, von Sozialeinrichtungen in Sarajevo sowie Gespräche mit von Pushbacks Betroffenen, dem Erzbischof von Rijeka und vor Ort tätigen Hilfsorganisationen waren Höhepunkte der Reise.
Seit Ungarn und Serbien ihre Grenzen dichtgemacht haben, verläuft eine der wichtigsten Fluchtrouten nach Europa über den Balkan von Bosnien nach Kroatien. Derzeit gehe eine starke Aufrüstung der kroatischen Grenzpolizei vor sich, hieß es vonseiten des Pfarrnetzwerks in einer Mitteilung an die Nachrichtenagentur Kathpress vom Montag. Das Schicksal von Geflüchteten, die durch sogenannte Pushbacks nach Bosnien zurückgeschickt werden, hinge oftmals an Einzelpersonen und kirchlichen Initiativen, die sich vor Ort für diese Gruppe einsetzten. "Ohne dem Engagement der Personen an der Basis wären die Flüchtlinge oft in aussichtslosen Situationen. Eine kleine Sachspende, eine Mahlzeit kann ein wenig Wärme in die kalte Flüchtlingssituation bringen", so das Pfarrnetzwerk.
Zum bosnischen Hotspot geworden ist das Containerdorf Lipa, welches eines der beiden Flüchtlingslager (ein größeres liegt in Sarajewo) Bosniens darstellt. Das 2021 errichtete, vom bosnischen Sicherheitsministerium betriebene Lager liegt in einem Waldstück in den Bergen, über 20 Kilometer von der Grenze zu Kroatien und auch von der nächsten Stadt, Bihac, entfernt. Derzeit leben laut "Pfarrnetzwerk Asyl" rund 800 Männer in Lipa, allen voran Menschen aus Afghanistan, Syrien und der Maghreb-Zone, wobei die Kapazität bei voller Auslastung an die 1.500 beträgt. Die Republik Österreich und das Land Oberösterreich haben mit 800.000 bzw. 300.000 Euro wesentliche Teile der Errichtung finanziert.
Lipa gilt als Zwischenstation, in der sich Geflüchtete, die von der kroatischen Grenze zurückgewiesen wurden, mehrere Tage bis Wochen aufhalten und dann oft den nächsten Übertritt versuchen. Die Situation sei für Bihac, wo es zuvor wilde Camps gab, seit der Auslagerung nach Lipa "stabiler" geworden, gaben die Vertreter des Netzwerks aus einem Gespräch mit dem Bürgermeister der Stadt wieder. Äußerst prekär sei die Lage für die Geflüchteten dennoch. Viele seien auf Lebensmittel, Winterdecken, Schuhe und andere Hilfsgüter angewiesen, welche Privatpersonen und auch NGOs wie der Jesuiten-Flüchtlingsdienst JRS oder SOS Balkanroute immer wieder lieferten. Auch von in Wiener Pfarren durchgeführten Sammlungen komme hier Unterstützung. Die medizinische Versorgung sei nicht ausreichend gewährleistet, so der Eindruck der Besucher.
Besuche mehrerer Projekte in Sarajewo sowie später im kroatischen Rijeka ergänzten das Bild. Der JRS betreibt in der Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina eine Flüchtlingsunterkunft für 20 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, während eine muslimische Frau, Azra Velagic Macic, täglich Sachspenden an Geflüchtete austeilt und dabei wiederum Unterstützung aus Österreich erhält. Auch von den Bemühungen der ehemaligen Lehrerin Sanela Klepic um die Errichtung des ersten Integrationszentrums Bosniens hörten die kirchlichen Aktivisten aus Wien. In der Hafenstadt Rijeka, das mittlerweile nicht mehr an Flüchtlingsrouten liegt, standen schließlich noch Begegnungen mit Erzbischof Mate Uzinic, JRS-Südosteuropa-Leiter P. Stanko Perica und Caritas-Direktorin Marijana Medanic auf dem Programm.
Im "Pfarrnetzwerk Asyl" sind 15 Pfarren aus Wien und Umgebung vereint, die sich mit regelmäßigen Veranstaltungen in den jeweiligen Pfarren sowie auch gemeinsam um Bewusstseinsbildung für die Situation Geflüchteter bemühen. Zentrales Anliegen ist dabei das öffentliche Eintreten für die Rechte von Menschen auf der Flucht sowie die Vernetzung von Pfarrgemeinden, die an den Fragen zu den Themenfeldern Flucht, Asyl, Integration und Partizipation interessiert sind. Es bietet zudem Erfahrungsaustausch und gegenseitige Unterstützung, Bewusstseinsbildung, Gebetsinitiativen sowie gemeinsame Hilfsaktionen und -projekte. Zuletzt wurde im Jänner an der bosnisch-serbischen Grenze eine Gedenkfeier für auf der Balkanroute verstorbene Flüchtlinge mitveranstaltet. Fixtermine in Österreich sind zudem die Flüchtlingswallfahrt "Romaria", die heuer am 26. April stattfindet, sowie ein Flüchtlings-Totengedenken am 19. Juni in Wien. (Infos: www.pfarrnetzwerkasyl.at)
Quelle: kathpress