Kostenloses Lernhilfe-Angebot soll zur Dauereinrichtung werden
Als Maßnahme zu "mehr Bildungsgerechtigkeit" hat die Bundesregierung die Förderung des kostenlosen und individuellen Lernhilfe-Angebots für Kinder und Jugendliche mit Lernrückstände verlängert und will sie zu einer Dauereinrichtung machen. Bis Ende 2026 werden dafür 14 Millionen Euro bereitgestellt, wobei 5,5 Millionen aus dem Europäischen Sozialfonds stammen. Mit dem Geld sollen für weitere drei Jahre 200.000 Lernstunden ermöglicht werden, kündigte Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) am Montag bei einem Medientermin im kirchlichen Wiener Schulzentrum Friesgasse an.
Die bundesweite Lernhilfe-Initiative weiterlernen.at war im Dezember 2020 als Reaktion auf problematische Auswirkungen des Fernunterrichts in Zeiten der Corona-Pandemie gestartet worden, Polaschek nannte sie eine "ergänzende Säule zu unserem Schulsystem". Die Plattform vermittelt seither über Hilfswerke wie Caritas, Diakonie, Jugendrotkreuz und Lerntafel Wien "Lernbuddys" - etwa Lehramtsstudierende, pensionierte Pädagogen oder andere Schüler. Insgesamt mehr als 160.000 Stunden Lernhilfe für rund 20.000 Schülerinnen und Schüler seien so zustande gekommen, wobei die 10 Millionen Euro dafür von EU-Mittel des REACT-Programms kofinanziert wurden, bilanzierte Polaschek.
"Das ist erst der Anfang", versprach der Minister, sei doch der Bedarf nach kostenloser Nachhilfe weiter gestiegen. Sein Ministerium habe ein Konzept für eine dauerhafte neue Förderschiene mit dem Ziel ausgearbeitet, "österreichweite Lernhilfe-Angebote für sozial und bildungsmäßig benachteiligte Schülerinnen und Schüler" verfügbar zu machen. Dabei solle es auch einen Inklusions-Schwerpunkt geben. Polaschek sicherte die Verlängerung des Programms auch für die Zeit nach 2026 zu. Ob es dafür eine weitere Kofinanzierung aus EU-Mitteln geben werde, müsse man erst sehen, das Ministerium bemühe sich jedoch darum.
Erfreut über die Ausweitung des Programms äußerten sich die beteiligten Hilfswerke. Caritas-Generalsekretärin Anna Parr bezeichnete bei dem Pressetermin die Bildung als "Schlüssel für Armutsbekämpfung", trage sie doch für Kinder aus sozial benachteiligten Familien erheblich zu einem späteren Leben ohne Armut und mehr gesellschaftliche Teilhabe bei. Für Kinder, die aufgrund ihrer sozialen Situation sonst oft "aus der Bildungslaufbahn geschleudert" würden und von gutbezahlten Jobs ausgeschlossen seien, seien außerschulische Lernhilfen besonders effektiv: "96 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die in den österreichweit 69 Caritas-Lerncafés betreut werden, schaffen ihren Schulabschluss", verwies Parr auf beeindruckende Erfolgszahlen.
Lange Wartelisten
Dass die Regierung die Mittel für kostenlose Lernhilfe nunmehr erhöht, hängt mit dem von den NGOs gemeldeten gestiegenen Bedarf zusammen. Denn die Warteliste bei den einzelnen Standorten sei teils lange. "Derzeit unterstützen wir in den Lerncafés 1.900 Jugendliche und Kinder, immer noch 1.000 warten jedoch auf einen Platz. Das ist noch eine Nachwirkung aus der Coronazeit, zudem hat die Teuerung viele Familien zusätzlich belastet", verdeutlichte die Caritas-Generalsekretärin. Mit den angekündigten zusätzlichen Mitteln werde es den beteiligten Hilfswerken möglich sein, nicht nur weitere Standorte zu eröffnen, sondern auch längere Öffnungszeiten anzubieten, womit man die Wartelisten abzubauen hoffe. Wie Minister Polaschek andeutete, sei bei weiter steigendem Bedarf auch eine nochmalige Fördererhöhung denkbar.
Über die Angebote der Lernbegleitung hinaus müsse das Problem der Bildungsarmut auch umfassend und "präventiv" angegangen werden, erinnerte Generalsekretärin Parr an bestehende Caritas-Forderungen. Wichtig wäre dabei besonders der Ausbau kostenloser Kindergartenplätze und ganztägiger Schulformen sowie eine Reform der Sozialhilfe. Wolfgang Ernst, Direktor von "Diakonie Eine Welt", betonte zudem die Notwendigkeit, besonders für von ADHS und Autismus betroffene Kinder und Jugendliche Angebote zu schaffen und die Inklusion im Bildungssystem voranzutreiben, wie Minister Polaschek angekündigt hatte.
Ergänzung zum Schulangebot
Für die Bekanntgabe hatte das Bildungsministerium den von der Vereinigung der Ordensschulen Österreichs (VOSÖ) geführten Schulcampus Flora Fries gewählt. Wie Ingrid Aubauer, Direktorin der Handelsschule und des HAK-Aufbaulehrgangs berichtete, besuchen 1.400 Kinder und Jugendliche zwischen 3 und 21 Jahren das Bildungszentrum im 15. Wiener Gemeindebezirk. Darunter vertreten seien 40 verschiedene Erstsprachen und 20 Religionsbekenntnisse. Auch Aubauer lobte die Initiative weiterlernen.at. Die Herausforderungen in der Bildung seien äußerst vielfältig, wobei externe Partner die schulischen Bemühungen um Kinder und Jugendliche mit verstärktem Förderbedarf ergänzten. (Infos: https://weiterlernen.at)
Quelle: kathpress