Dreikönigsaktion enttäuscht über "verwässertes Lieferkettengesetz"
Nach dem Bekanntwerden einer Einigung der EU-Staaten auf ein gemeinsames Lieferkettengesetz am Freitag zeigt sich die Dreikönigsaktion (DKA) der Katholischen Jungschar in einer ersten Reaktion enttäuscht und spricht von einem "verwässerten Lieferkettengesetz". Ebenso kritisiert die DKA ein "Feilschen auf Kosten arbeitender Kinder", hieß es in einer Aussendung. "Dass es dieses Feilschen in den letzten Wochen überhaupt gegeben hat, ist skandalös", kritisierte die Jungschar-Vorsitzende Teresa Millesi.
Es gebe angesichts der Einigung keinen Grund zum Feiern, hielt Millesi fest. So sei der bereits im Dezember 2023 getroffene Kompromiss nochmals aufgemacht und abgeschwächt worden. "Politischen Kleingeldwechslern und Konzernlobbyisten ist es gelungen, auf dem Rücken arbeitender Kinder und anderer Opfer von Ausbeutung und Umweltzerstörung, Aufweichungen herauszuschlagen", so die enttäuschte Vorsitzende.
Nachdem der Vorschlag aus dem Dezember keine Mehrheit unter den Mitgliedstaaten gefunden, kam von der belgischen Ratspräsidentschaft ein Kompromissvorschlag mit weiteren massiven Zugeständnissen. So werden die Bestimmungen der Richtlinie nach einer mehrjährigen Übergangsphase nun erst viel später greifen. Auch die Schwelle für betroffene Unternehmen wurde angehoben: Sie soll nun erst ab 1.000 statt wie ursprünglich vorgesehen ab 500 Mitarbeitenden greifen bzw. statt eines Jahresumsatzes von 250 Millionen Euro nun erst ab 450 Millionen gelten. Für Hochrisikosektoren gibt es keine zusätzlichen Bestimmungen mehr.
Wie die Einigung der EU-Staaten im Detail aussieht, war am Freitag noch unklar. Es dürfte sich im Wesentlichen bei dem von Belgien vorgeschlagenen Kompromiss handeln, hieß es seitens der DKA.
Einen schwachen Lichtblick gibt es für die Dreikönigsaktion dennoch: Obwohl die neuerlichen Verwässerungen "dramatisch" seien und das europäische Lieferkettengesetz in Österreich nur noch wenige Dutzend große Unternehmen direkt betreffen wird, sehe man das Gesetz immerhin als "wichtigen Impuls für die europäische Wirtschaft, um Maßnahmen gegen Ausbeutung und Umweltzerstörung in globalen Lieferketten zu setzen", betonte Millesi. Zu hoffen sei, dass das Gesetz eine "weitere positive Dynamik" auslösen werde. Auch die österreichischen Verantwortlichen rund um Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) seien nun gefordert, eine ambitionierte und ergebnisorientierte Umsetzung der Richtlinie in Österreich auf den Weg zu bringen, so die Jungschar-Vorsitzende.
NGO-Dachverband: Keine Jubelstimmung
Erleichtert auf die Nachricht zur Annahme des EU-Lieferkettengesetzes durch die Mitgliedsstaaten zeigte sich am Freitag der NGO-Dachverband "AG Globale Verantwortung", dem u.a. die Caritas, die Diakonie, die Dreikönigsaktion und Concordia Sozialprojekte angehören, Jubelstimmung komme allerdings aufgrund der vielen Kompromisse nicht auf, so der Verband.
Zudem sei es "demokratiepolitisch äußert bedenklich, dass ein längst von EU-Parlament und Rat ausverhandeltes Gesetz zum Spielball von Wirtschaftsinteressen wird und erst nach einem Monat Säbelrasseln in stark verwässerter Version die notwendige Mehrheit findet", hielt Generalsekretär Lukas Wank fest.
Dass Österreich dem Gesetz nicht zustimmte, komme "einem Kniefall vor Wirtschaftsvertretern gleich", so Wank. Gleichzeitig sei es sehr bedauerlich, da sich die österreichische Zivilgesellschaft in den letzten Jahren gut in den Konsultationsprozess einbringen und aufzeigen konnte, wie das Gesetz zum Beispiel zu sicheren und fairen Arbeitsbedingungen im Bergbau, in der Textilbranche und Landwirtschaft sowie zu einem massiven Rückgang der Zwangs- und Kinderarbeit beitragen kann.
"In der heute beschlossenen Form werten wir das Lieferkettengesetz dennoch als einen ersten wichtigen Schritt der EU-Staaten, über ihre Grenzen hinweg Menschenrechte, Umwelt und Klima zu schützen. Daher werden wir uns in Zukunft für massive Nachschärfungen einsetzen", so Wank abschließend.
Nachdem bekannt wurde, dass auch Österreich bei dem Lieferkettengesetz nicht zustimmen werde, hatten eine Reihe von Nichtregierungsorganisationen und zivilgesellschaftliche Akteure diese Entscheidung scharf kritisiert. Auch Kirchenvertreter hatten sich für ein strenges Gesetz starkgemacht. So hatten auch die Bischöfe Werner Freistetter und Stephan Turnovszky an den Minister appelliert, für das Gesetz und somit für einen starken Kinderschutz zu stimmen.
Quelle: kathpress