Küberl: "Ethik für das Zusammenleben" statt Leitkultur-Debatte
Der frühere Caritas-Präsident Franz Küberl fordert eine "verständliche Ethik als Dienst an der Demokratie" anstelle einer neuen Leitkultur-Debatte. Die jüngst von Bundeskanzler Karl Nehammer und Integrationsministerin Susanne Raab eingebrachte "Leitkultur für Österreich" bezeichnete Küberl in einem Gastkommentar in der "Kronenzeitung" (13. Februar) als "das Rohrstaberl", mit dem "bei Fehlverhalten gewachelt werden kann". Im Alltag würde jede und jeder eine "Ethik des Zusammenlebens" mitprägen, meinte Küberl, der dies als Aufgabe aller in Österreich lebenden Menschen bezeichnete, egal ob "einheimisch, zugewandert, ob Flüchtling oder urlaubend".
Hintergrund ist die von Bundeskanzler Nehammer und Integrationsministerin Raab vorgeschlagene Ausarbeitung eines Konzepts zur österreichischen Leitkultur samt gesetzlicher Verankerung. Die neue Leitkultur soll mit Expertinnen und Experten als Teil des "Österreichplans" erarbeitet werden und grundlegenden Regeln des Zusammenlebens festlegen.
In der Praxis werde die "Ethik des Zusammenlebens" bereits jetzt durch das "religiöse, humane und kulturelle Sinngehäuse jedes und jeder Einzelnen" beeinflusst, schrieb Küberl in der "Krone". Konkret erfahrbar werde diese Ethik täglich "familiär, nachbarschaftlich, im Beruf, in den mehr als 100.000 Vereinen, die es in Österreich gibt. Im öffentlichen Leben. In den Medien". Als Messlatte einer solchen Leitkultur nannte Küberl u.a. den Respekt vor anderen Meinungen, "Kritik ohne Schaum vor dem Mund", sowie Anstandsgrundlagen in sozialen Medien. Als nötiges Handwerkszeug listete er Solidarität, Pflichtbewusstsein, Fairness und Gemeinsinn auf.
Küberl erinnerte zudem an Verfassungs- wie Menschenrechte, die bereits eine Leitkultur vorgeben würden - "und die hat der Bundeskanzler ganz sicher auf seinem Schreibtisch." Gemeinsam mit dem Zivil-, Straf- und Verwaltungsrecht definiere dies das Verständnis von Demokratie und vom Verhalten des Staates und seiner Institutionen. Zudem garantiere dieses System das Funktionieren im Alltag, vom Parlament bis hinein in die Familien. "Verstöße gegen diese Leitkultur werden bekanntlich gerichtlich geahndet", so Küberl.
Ethikbogen über ganze Gesellschaft
"Was der Bundeskanzler nicht gesagt, aber vielleicht gemeint hat, ist, dass wir zum Verfassungsbogen auch einen Ethikbogen über die ganze Gesellschaft spannen müssen", schrieb der vormalige ORF-Stiftungsrat. Dabei gehe es um Normen, Regeln, Werte und Haltungen, "die wir als Energiezufuhr für den Gemeinsinn unserer Gesellschaft brauchen".
Küberl rekurrierte in seinem Kommentar auch auf eine Weihnachtsansprache des Papstes an seine Kardinäle, in der Franziskus eine Ethik der Verantwortungsausübung eingemahnt hatte. Dazu gehöre etwa "Vorbildlichkeit und Treue, Vernünftigkeit und Liebenswürdigkeit". Diese Haltungen und Eigenschaften sollten für alle Personen, "die bei uns im Kleinen oder im Großen Verantwortung haben", gelten. Als Beispiel nannte Küberl die Teilnehmenden an parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, die ohne "Untergriffigkeiten und Winkelzüge" auskommen sollten. Zumal sollten die Parlamentarier als Teil der "Elite unseres Landes" eine Debatten-Kultur vorleben.
Quelle: kathpress