Linz: Bischof Scheuer würdigt Orient-Experten Hollerweger
"Erlebtes im Tur Abdin" heißt das neue Buch von Prof. Hans Hollerweger, in dem der Gründer der "Initiative Christlicher Orient" (ICO) über jene Gegend in der Südosttürkei berichtet, die auf eine fast 2.000-jährige christliche Geschichte zurückblickt, heute aber nur noch von wenigen Christen bewohnt wird und weitgehend unbekannt ist. Am Donnerstagabend wurde das Buch im Linzer Priesterseminar präsentiert. Der Linzer Bischof Manfred Scheuer, der Obmann der Linzer Sektion der Stiftung Pro Oriente, Landeshauptmann a.D. Josef Pühringer, und Bischofsvikar und ICO-Obmann Slawomir Dadas, würdigten in ihren Grußworten die Verdienste Hollerwegers für die Christen im Orient; ebenso wie für die Diözese Linz.
Der Tur Abdin ist das einstige Kerngebiet der Syrisch-orthodoxen Kirche. Es beherbergt Klöster und Kirchen, die bis in die ersten christlichen Jahrhunderte zurückreichen. Um 1900 gab es in der Region noch 200.000 Christinnen und Christen, aktuell sind es nur mehr rund 2.500.
Hans Hollerweger habe im gesamten Orient "Netzwerke des Glaubens, der Freundschaft und der Solidarität geknüpft", würdigte Bischof Scheuer "Father Hans", wie Hollerweger vor Ort genannt wird. Der Orient-Experte habe den Christen im Orient durch Wort und Tat das Gefühl vermittelt, nicht vergessen zu sein, sagte Scheuer.
Der Salzburger Ostkirchenexperte Prof. Dietmar Winkler fasste in einem Vortrag die publizistische Tätigkeit Hollerwegers zusammen, der bislang fünf Bücher über den christlichen Orient veröffentlichte. Der Orient, dessen christliche Kulturlandschaft, das reiche spirituelle Erbe und die Vielfalt der Traditionen hätten den früheren Linzer Liturgiewissenschaftler in den Bann gezogen, so Winkler.
Winkler ging auf Hollerwegers erstes Buch "Lebendiges Kulturerbe Tur Abdin" ein, das in drei Auflagen und 12.500 Stück weltweit verbreitet ist und als - vergriffenes - Standardwerk über den Tur Abdin gilt. Mit seinen weiteren Büchern versuchte Hollerweger stets, den scheinbar fernen Nahen Osten nahe zu bringen, und Brücken zwischen Ost und West zu bauen. Der Bilderreichtum Hollerwegers Publikationen visualisierte das Leben und die reiche Kultur des christlichen Orients. Diese Vermittlung des christlichen Orients habe keinesfalls nur dokumentarischen Wert, sondern sei grundlegend notwendig, "denn die westliche Christenheit wäre ohne den Osten lediglich ein amputierter Teil der Kirche, getrennt von seiner Wurzel", so Winkler. Die Bücher hätten zudem einen bedeutenden dokumentarischen Wert über eine Welt des gefährdeten christlichen Kulturgutes.
In seinen Dankesworten sagte Hollerweger, dass ihm der Weg in den Orient als völlig ungeplant erschien. Er erinnerte an jene Freunde und Weggefährten im Orient, die zu Märtyrern ihres Glaubens geworden sind; darunter Mar Gregorius Yohanna Ibrahim, den Erzbischof von Aleppo, und Paolo Dall'Oglio, den Gründer der Gemeinschaft von Mar Musa in Syrien.
Kerngebiet der Syrisch-orthodoxen Kirche
Im Tur Abdin haben die Aktivitäten der ICO Mitte/Ende der 1980er-Jahre ihren Anfang genommen. Hollerweger schildet in seinem neuen Buch neben einigen bereits bekannten Episoden auch bislang nicht veröffentlichte Ereignisse bei seinen zahlreichen Besuchen im Tur Abdin. Er berichtet von verbotenen Besuchen in Miden und im Kloster Mor Yakob, Begegnungen mit der Polizei und dem Geheimdienst, über den misstrauischen Abt des Klosters Mor Malke, über österliches Brauchtum, Nächte im "1.000-Sterne-Hotel", unersetzliche Großmütter, Jugendliturgien oder seinen Ärger über zu viel westlichen Einfluss in den syrisch-orthodoxen Kirchen.
Unter den Gästen und Gratulanten waren u. a. auch der emeritierte Linzer Bischof Ludwig Schwarz, die Generaloberin der Marienschwestern vom Karmel Sr. Michaela Pfeiffer-Vogl und der Rektor der Katholischen Privat-Universität Linz Christoph Niemand.
Buchtipp: Hans Hollerweger: Erlebtes im Tur Abdin. Mit einem Vorwort von Erzbischof Timotheos Samuel Aktas. Initiative Christlicher Orient, Linz, 2023.
Quelle: kathpress