Theologe Hoff: Papstbrief an die Juden verspielt Vertrauen
Der Salzburger Theologe Gregor Maria Hoff hat Papst Franziskus für seinen Brief an jüdische Gelehrte und Rabbiner kritisiert. "Das unermessliche Leid der Menschen im Gazastreifen muss der Papst in den Blick nehmen, aber nicht um den Preis, zu verschweigen, was es ausgelöst hat und wer die Regie des Handelns in Gaza in der Hand hatte und hält", schreibt Hoff in einem Beitrag für das Portal communio.de. Der Professor für Fundamentaltheologie an der Paris-Lodron-Universität Salzburg ist Berater der Päpstlichen Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum.
Papst Franziskus habe mit seinem Brief an mehr als 400 jüdische Gelehrte und Rabbiner zum Terroranschlag der Hamas Vertrauen im christlich-jüdischen Dialog verspielt, lautet Hoffs Urteil. So mache Franziskus in seiner Antwort zwar viele Worte, verabsäume es aber "Ross und Reiter" zu nennen. "Es ist die Hamas, die Israel den laufenden Krieg diktiert hat und die Logik der Abläufe bestimmt", so der Theologe. So müsse man sich die Frage stellen, was das Bekenntnis zur "einzigartigen Beziehung" der Kirche zum Judentum wert sei, wenn es keine "abrufbare Loyalität im Ernstfall" gebe.
Angesicht dessen sei das Bekenntnis des Papstes zur Bindung der Kirche an das Judentum umso wichtiger, konstatierte Hoff. Der Papst wolle humanitär ausgleichen. Angesichts des Existenzkampfs, mit dem sich Israel zunehmend konfrontiert sehe, müsse aber das Bekenntnis "keine Kirche Kirchen ohne Judentum" als Grundeinsicht des jüdisch-katholischen Dialogs mehr gelten, zeigte sich Hoff überzeugt. Theologisch habe Franziskus mit seinem Merkwort, dass Gott weiterhin im Volk des alten Bundes wirke, einen Meilenstein gesetzt. "Aber was trägt dieses Bekenntnis aus, wenn es um abrufbare Loyalität im Ernstfall geht?"
Kritik auch an Kardinal Koch
Scharfe Kritik äußerte Hoff auch am Vorgehen des zuständigen Kurienkardinal Kurt Koch, der seit nunmehr vier Monaten zu dem Thema schweige. "Anders als bei Patriarch Kyrill, den Koch wegen dessen Legitimation des russischen Überfalls auf die Ukraine aufs Schärfste verurteilt hat, verzichtet der Kardinal auch vier Monate nach dem Angriff der Hamas auf Israel auf eine Stellungnahme", kritisierte Hoff. Möglicherweise habe der vatikanische "Ökumeneminister" seinem Chef nicht vorgreifen wollen, mutmaßte der Theologe.
Quelle: kathpress