Bischöfe appellieren an Politik für "Ja" zum Lieferkettengesetz
Die katholischen Bischöfe Werner Freistetter und Stephan Turnovszky appellieren an die österreichische Politik für das EU-Lieferkettengesetz zu stimmen. Nachdem Deutschland angekündigt hatte, sich bei der bevorstehenden Abstimmung am Freitag (9. Februar) auf EU-Ebene enthalten zu wollen, wurden auch hierzulande - etwa von der Katholischen Jungschar und kirchlichen Hilfswerken - Befürchtung geäußert, die hiesigen Verantwortlichen könnten ebenfalls vor den Lobbyisten einknicken. "Es ist sehr zu hoffen, dass alle Mitgliedsländer der EU, besonders auch Österreich", das Vorhaben eines "ambitionierten Lieferkettengesetzes" weiterhin unterstützten, betonte Militärbischof Werner Freistetter am Mittwoch gegenüber Kathpress.
"Die sozial-ökologische Transformation ist eine dringende Herausforderung unserer Zeit", so der Bischof, der innerhalb der Österreichischen Bischofskonferenz für die Entwicklungszusammenarbeit zuständig ist. "Das gemeinsame Ringen um den besten Weg ist eine wesentliche Aufgabe von Politik." Das EU-Lieferkettengesetz ziele darauf ab, Unternehmen zur Einhaltung ökologischer Standards und zur Achtung von Menschenrechten zu verpflichten, so der Bischof, daran gelte es unbedingt festzuhalten.
Der Wiener Weihbischof Stephan Turnovszky ersuchte die verantwortlichen österreichischen Ministerinnen und Minister eindringlich, dem ausgehandelten Kompromiss zuzustimmen. "Sie schützen damit Menschen, insbesondere Kinder, vor Ausbeutung, leisten einen Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung und stärken angesichts der bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament auch die Europäischen Institutionen", so der katholische Jugendbischof.
Am Montag hatte bereits die Dreikönigsaktion (DKA) der Katholischen Jungschar an den zuständigen Minister für Arbeit und Wirtschaft, Martin Kocher (ÖVP), appelliert, von Österreichs "Ja" zum Lieferkettengesetz nicht abzurücken und der im vergangenen Advent ausverhandelten Richtlinie bei der Abstimmung am 9. Februar zustimmen. Kocher solle sich "als verlässlicher Europäer erweisen, dem das Funktionieren europäischer Prozesse wichtig ist", betonte Teresa Millesi, die Vorsitzende der Jungschar und Dreikönigsaktion per Aussendung.
Kocher, der in Österreich gemeinsam mit Justizministerin Alma Zadic (Grüne) für das Lieferkettengesetz verantwortlich ist, nahm bisher keine klare Position zum finalen Gesetzestext ein. Die DKA als entwicklungspolitische Organisation der Katholischen Jungschar forderte den Wirtschaftsminister auf, nicht nur das laute "Wehklagen der Industrielobbyist*innen" zu beachten, sondern auch "auf die leiseren und weiter entfernten Hilferufe der Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung". Darunter seien auch 79 Millionen Kinder, die weltweit unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten müssen, wies Millesi hin.
Auch die AG Globale Verantwortung, in der u.a. die Caritas und die Diakonie vertreten sind, appellierte am Montag an Minister Kocher, das EU-Lieferkettengesetz bei der finalen Abstimmung zu unterstützen. Eine Enthaltung nach jahrelangen Verhandlungen "wäre fatal", warnte Geschäftsführer Lukas Wank. "Sollten die EU-Mitgliedstaaten am 9. Februar der finalen Version des EU-Lieferkettengesetzes nicht zustimmen oder sich ihrer Stimme enthalten, stellt das eine Belastungsprobe für die Demokratie dar."
Fahrplan bis zur Beschlussfassung
Zum Hintergrund: Im April 2022 kündigte der belgische EU-Justiz-Kommissar Didier Reynders einen Entwurf für ein sektorübergreifendes europäisches Lieferkettengesetz an. Dem waren nationale Gesetze in Frankreich (2017) und Deutschland (2021) vorausgegangen. Im März 2021 stimmte im Europäischen Parlament eine überwältigende Mehrheit der Abgeordneten für einen Initiativbericht, der auch einen Richtlinienvorschlag enthielt. Im Februar 2022 wurde von der Europäischen Kommission ein Entwurf mit dem Titel "Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit" veröffentlicht.
Der Positionierung der Mitgliedssaaten im Rat im November 2022 und des Plenums des EU-Parlaments im April 2023 waren die sogenannten Trilog-Gespräche zwischen den EU-Institutionen und eine politische Einigung im Dezember 2023 gefolgt. Der weitere Fahrplan sieht eine finale Behandlung im zuständigen Justiz-Ausschuss des EU-Parlaments, im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten und die Beschlussfassung im Plenum des EU-Parlaments spätestens im April 2024 vor.
Quelle: kathpress