Steiermark: Landespolitik informiert über Religionsunterricht
In der Steiermark besucht ein hoher Anteil der Volks- und Mittelschülerinnen und Schüler den katholischen Religionsunterricht, in der Landeshauptstadt Graz ist der Prozentsatz vor allem wegen der starken Präsenz muslimischer Schüler deutlich geringer. Das geht aus einer Anfragebeantwortung des steirischen Bildungslandesrates Werner Amon an die FPÖ im Landtag hervor, über die die "Kleine Zeitung" und die "Kronen Zeitung" am Dienstag berichteten.
Die Zahlen im Detail: An steirischen Volksschulen nehmen knapp 83 Prozent der Schüler am katholischen Religionsunterricht teil, rund zehn Prozent am islamischen und etwa 3,5 Prozent am evangelischen. Sogar knapp 86 Prozent der Schüler besuchen an den steirischen Mittelschulen den katholischen Religionsunterricht, rund neun Prozent den islamischen und etwa 2,5 Prozent den evangelischen.
Von einem deutlichen Stadt-Land-Gefälle berichtet die "Kleine Zeitung" vor dem Hintergrund der Zahlen aus Graz: Dort nehmen rund 55 Prozent der Grazer Volksschüler am katholischen Religionsunterricht teil, 32 Prozent am islamischen und sechs Prozent am orthodoxen bzw. evangelischen. An den Grazer Mittelschulen sind rund 34 Prozent im katholischen Religionsunterricht, mehr als die Hälfte - 53 Prozent - im islamischen und zehn Prozent im orthodoxen. In der "Krone" wird dazu unter dem Titel "Islam weiter am Vormarsch" die Mittelschule Graz-Algersdorf herausgehoben, wo von 144 Schüler sogar 113 islamischen Religionsunterricht bekommen.
Stark vertreten ist der katholische Religionsunterricht laut Anfragebeantwortung an den steirischen Berufsschulen, wo er an 16 Standorten als Freifach angeboten wird: 13.445 Schülerinnen und Schüler und damit 81 Prozent nahmen daran teil. Bei den Polytechnischen Schulen sind sogar knapp 98 Prozent für den katholischen Religionsunterricht angemeldet.
Interreligiöses Teamteaching
Nicht erwähnt wurde in den Zeitungsberichten, dass es gerade in der Steiermark viele positive Erfahrungen mit kooperativem christlich-islamischem Religionsunterricht und interreligiösem Teamteaching gibt. An der Universität Graz gibt es dazu seit 2021 ein vom Österreichischen Wissenschaftsfonds finanziertes Projekt zur "Didaktik religionskooperativer Lehr-/Lernprozesse"; für die begleitende Forschung sorgt ein mit Christen und Muslimen besetztes Team unter der Leitung des katholischen Religionspädagogen Prof. Wolfgang Weirer.
Der konkrete Modus: Muslimische und katholische Kinder werden an fünf Schulen abseits des Regelschulsystems für einige Schulstunden von ihren jeweiligen Religionslehrkräften gemeinsam unterrichtet. "Die PädagogInnen sind in diesem Setting nicht nur VertreterInnen des jeweiligen Glaubens, sondern auch 'role models' hinsichtlich der Kommunikation zwischen den Religionen", erklärte Weirer. Die Schülerinnen und Schüler könnten in einem geschützten Umfeld von ihren religiösen Erfahrungen erzählen und ein "von wechselseitiger Wertschätzung getragenes Gespräch über Gemeinsamkeiten, aber auch über Unterschiede der beiden Religionen" einüben, wie Weirer am Dienstag gegenüber Kathpress ausführte. Religiöse Vielfalt werde somit nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Bereicherung für das gemeinsame Zusammenleben erfahren. Das diene auch dem Unterricht in anderen Gegenständen, "denn Vorurteile gegenüber anderen Kulturen und Konfessionen erschweren oftmals ein konstruktives Arbeiten", wie der Theologieprofessor aus Erfahrung weiß.
Gesamtgesellschaftlich relevant
Die österreichische Gesellschaft sei in den vergangenen Jahren durch verschiedene Migrationsbewegungen immer vielfältiger geworden, heißt es dazu auf der Website https://interreligioese-bildung.uni-graz.at/de. Gerade die Schule sei ein Ort der Begegnung von Menschen mit unterschiedlichen ethnischen, kulturellen und religiösen Hintergründen. "Wegen der zunehmenden Politisierung von Religion kann es vor allem in der Auseinandersetzung mit dem Islam zu Irritationen, Ablehnungen und Konflikten kommen." Es brauche daher die Förderung eines wechselseitigen Verständnisses durch interreligiöse schulische Bildungsprozesse - "am besten durch personale Begegnung, die eine wesentliche Säule dieses Projekts bildet".
Die Erkenntnisse aus dem genannten Forschungsprojekt führen dazu, ein Dialogzentrum an der Universität Graz zu gründen, das eine Plattform für interreligiöse und interkulturelle Begegnungen im Bildungsbereich sein soll. Weirer arbeitet - wie er berichtete - mit seinem interreligiös zusammengesetzten Team gegenwärtig an einem Workshopkonzept zur Entwicklung entsprechender Kompetenzen. Angeboten werden solle es vor allem Schulen mit hoher religiöser Vielfalt und zugleich sollen Lehrpersonen aller Unterrichtsfächer qualifiziert werden.
Für 24. Mai kündigte Prof. Weirer ein Symposion an der Uni Graz an, das sich den Fragestellungen rund um interreligiöse Bildung widmen wird.
Quelle: kathpress