Ordensfrau für radikale Erneuerung des Ordenslebens
Ihre Forderung nach einer radikalen Erneuerung des Ordenslebens hat die in El Salvador lebende und lehrende heimische Ordensfrau Martha Zechmeister bekräftigt. "Die radikale Umkehr zum Ursprung und Fundament allen Ordenslebens und allen Christseins tut Not", so Zechmeister im Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (aktuelle Ausgabe). Diese Umkehr zu Jesus sei jedoch kein Zurück in die Vergangenheit. "Der Geist Jesu erwartet uns neu und überraschend, vielleicht auch erschreckend, vor uns, in einer unverfügbaren Zukunft. Er will uns dazu verführen, kreativ, gewagt, kühn zu sein."
Zur Frage nach dem, was die Ordensgemeinschaften für die Kirche so unabdingbar macht, stellte Zechmeister dieses Postulat gleich einmal infrage. Denn: In den Anfängen der Jesusbewegung habe es kein Mönchstum und kein Ordensleben gegeben; zumindest nicht im Sinne einer Gemeinschaft von zölibatär lebenden Männern und Frauen. Zechmeister: "Jesus war kein Mönch, und auch nicht seine Jünger und Jüngerinnen. Wenn das Christentum also gerade in den ersten entscheidenden 'kanonischen' Jahrhunderten, in denen sich seine Identität herausbildete, ganz gut ohne Ordensleute ausgekommen ist, dann kann vielleicht auch eine Zeit kommen, in der dies wiederum so sein wird."
In der Geschichte habe sich jedoch das Ordensleben vielfach genau dann als "Trick des Heiligen Geistes" erwiesen, wenn in Zeiten schmerzhafter Umbrüche, an den Schwellen zu neuen Epochen, alte Rezepte nicht länger taugten, um die Weitergabe des Evangeliums und der christlichen Botschaft zu sichern. Einige Wagemutige hätten dann den Exodus aus den obsoleten Formen riskiert. "Der Geist hat sich ihrer bedient, um eine 'neue Schöpfung' hervorzubringen: menschliche Gemeinschaft, in der Jesus mit neuer Frische und Unmittelbarkeit gegenwärtig wurde", so die Ordensfrau.
Hoffnung und Inspiration, um zum kraftvollen prophetischen, jesuanischen Zeugnis zurückzufinden, sehe sie überall dort, "wo Menschen sich zusammenfinden, um gemeinsam gegen die Zerstörung von Leben aufzuschreien", sagte Zechmeister.
Sie verwies auf neue Protestformen wie Black-Lives-Matter, feministische Kollektive in Lateinamerika gegen Femizide oder die vielen so suspekte "Letzte Generation". Zechmeister: "Es ist dies kein von oben angeordneter oder organisierter Protest. Es ist auch kein heroischer Akt einsamer Pioniere, sondern lebendige, und deshalb unkontrollierbare Vernetzung. Als Ordenschristen sind wir herausgefordert, uns mutig und ohne Berührungsängste dorthin zu wagen, wo heute das Leben pulsiert, dorthin, wo Leben in Gefahr ist oder dorthin, wo verlorenes Leben betrauert wird."
Martha Zechmeister gehört der "Congregatio Jesu" (früher: Englische Fräulein") an. Sie lebt seit Langem in El Salvador und leitet den Studiengang Teologia Latinoamericana an der Katholischen Universität San Salvador.
Quelle: Kathpress