Neue Caritas-Präsidentin: Frauen-Präsenz in Kirche sichtbarer machen
Für die designierte Präsidentin der Caritas Österreich, Nora Tödtling-Musenbichler, muss das Wirken von Frauen in der katholischen Kirche besser sichtbar gemacht werden. "Für mich ist es wichtig, nicht nur auf Funktionen zu schauen, sondern darauf, wie wir Frauen Kirche gestalten und bis nach Rom Verantwortung übernehmen", sagte die designierte Nachfolgerin von Präsident Michael Landau, die das Amt an der Spitze der katholischen Hilfsorganisation im Februar übernehmen wird, im Interview mit der Tageszeitung "Der Standard" (Montag).
Es gäbe in der Kirche bereits viele Frauen in Leitungspositionen, so Tödtling-Musenbichler, "in der Caritas sind 70 Prozent der Belegschaft weiblich. Aber vielleicht muss man manches in der Kirche noch mehr sichtbar machen". Schon während ihres Theologiestudiums habe sie gemerkt, dass Frauen in der Kirche durchaus Möglichkeiten haben, mitzugestalten, "den Wunsch, Priesterin zu werden, habe ich nie gehabt", betonte sie. Wichtig sei ihr zu betonen, dass sie wegen ihrer Qualitäten und nicht wegen des Geschlechts an die Spitze der Caritas gewählt worden sei, auch wenn es wichtig ist, "dass Gerechtigkeit, auch im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit, gelebt und bei uns auch nach außen sichtbar wird".
Armut sei auch in Österreich eine Realität, "das erleben wir jeden Tag in unseren Beratungsstellen", so Tödtling-Musenbichler. Diese sei in den letzten Jahren bis in die Mittelschicht vorgedrungen. "Unser Auftrag ist: Not sehen und handeln und Menschen eine Stimme geben, die sonst nicht gehört werden", so die designierte Präsidentin, "ich habe mich immer zu Wort gemeldet und werde das weiter tun". Ihre ersten Wege nach der Amtsübergabe würden sie deshalb zur Politik führen, zum Austausch mit den Ministerien, Kanzler und Vizekanzler, kündigte sie an.
Wie der Umgang mit einer möglichen Regierung unter FPÖ-Führung nach der Nationalratswahl im kommenden Jahr aussehen könnte, ließ sich die Chefin der Hilfsorganisation nicht konkret entlocken: "In ganz Europa fordern uns Polarisierungen und Resignation heraus. Wir werden nie lockerlassen, wenn es um Menschenrechte geht".
Auf die Frage, ob die Bergpredigt Jesu an seine Jünger nicht als "radikal links" gesehen werden könne, antwortete Tödtling-Musenbichler: "wenn radikal links das ist, dass es Menschen in den Blick nimmt, die am Rande der Gesellschaft sind, dann vielleicht ja". Wichtiger sei aber, dass der Inhalt Bergpredigt, der ein menschenfreundliches Hinwenden zu anderen propagiert, "aktueller denn je" sei, zeigte sich die Caritas-Präsidentin überzeugt. "Sie legt uns den Finger in die Wunde, sie ist kein einfacher Text, kein Märchen, sondern Auftrag an eine solidarische Gesellschaft, in der manche im Wohlstand leben und andere nichts haben. Sie zeigt, dass Solidarität gelingt, wenn Verteilung gerecht erfolgt."
Diskussion über Vermögenssteuern "legitim"
Sie sei für eine gerechte Verteilung, "sodass wir gemeinsam gut leben können". Es dürfe aber nie darum gehen, "die Armen gegen die Reichen aufzuhetzen", so Tödtling-Musenbichler. Angesprochen auf ihre Position zur Einführung einer Vermögenssteuer, betonte sie, dass Österreich ein Land sei, wo "das Erbe eine große Rolle spielt, wo viel weitergegeben wird, wofür wir nicht gearbeitet haben". Deswegen hielte sie es für "legitim" zu sagen 'Ich gebe einen Anteil ab, damit andere nicht in Not geraten'. Das sei "ein Weg, den wir verfolgen sollten". Tödtling-Musenbichler: "Es ist legitim, hinzuschauen, welche Prozentsätze notwendig sein werden, damit der Staat wieder Mittel in soziale Leistungen investieren kann."
Quelle: kathpress