Landau: Menschen mit Behinderung erwarten volle Umsetzung ihrer Rechte
"Menschen mit Behinderungen können und wollen nicht länger auf die Umsetzung ihrer Rechte warten. Die Zeit für Reformen zu einer inklusiveren Gesellschaft ist jetzt." Das hat Caritas-Präsident Michael Landau am Samstag zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen betont. Laut Caritas leben rund 1,4 Millionen Menschen mit Behinderungen in Österreich. Vielfach seien die Betroffenen nach wie vor bevormundet, diskriminiert und rechtlich benachteiligt, hielt Landau fest, der zugleich Fortschritte ortete "Dass Jugendliche mit Behinderungen ab Jänner 2024 einen AMS-Zugang erhalten sollen, ist erfreulich. Dafür bin ich dem Arbeitsminister und dem AMS dankbar." Bei Persönlicher Assistenz, Bildung und der Inklusion am Arbeitsmarkt bestehe aber noch großer Verbesserungs- und Reformbedarf.
Obwohl Österreich die UN-Behindertenrechtskonvention 2008 unterschrieben habe, sei 15 Jahre später die Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderungen in vielen Bereichen noch immer nicht gelungen, führte Landau weiter aus. Dies habe auch die vom entsprechenden UN-Ausschuss durchgeführte Prüfung Ende August 2023 gezeigt.
Persönliche Assistenz ausbauen
Vor diesem Hintergrund plädierte Landau für eine flächendeckende Ausrollung Persönlicher Assistenz (PA). Die Pilotierung der Persönlichen Assistenz in bislang drei Bundesländern stelle grundsätzlich einen wichtigen Etappenschritt dar. "Auf den positiven Erfahrungswerten der drei Pilotregionen gilt es nun aufzubauen und möglichst rasch eine flächendeckende Ausrollung auf den Weg zu bringen, an der sich alle Bundesländer beteiligen."
Zudem vermisst die Caritas nach wie vor einheitliche und unabhängig von Altersgrenzen geltende Regelungen über Bundesländer und Assistenzbereiche hinweg. Landau: "Wir wissen aus den Erfahrungen unserer täglichen Arbeit mit Menschen mit Behinderungen: Persönliche Assistenz schafft enorm positive Auswirkungen für Menschen mit Behinderungen - sowohl am Arbeitsplatz als auch in der Freizeit. Die persönliche Assistenz unterstützt nicht nur, sie schafft vielmehr die Möglichkeit, dass Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt leben und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können - und zwar eben nicht nur beruflich, sondern auch privat. Für diesen wichtigen Bereich braucht es endlich eine langfristige und finanzielle Garantie über einen neu zu gründenden und mit finanziellen Mitteln ausgestatteten Inklusionsfonds."
Inklusive Bildung im Regelschulsystem verankern
Finanziell hinke Österreich auch im Bereich der inklusiven Bildung hinterher. Während 5 Prozent der Kinder in unserem Land behinderungsbedingte Förderung brauchen, seien nur 2,7 Prozent des Bildungsbudgets für Schüler mit Behinderungen vorgesehen. "Das ist ganz klar zu wenig für eine künftig inklusive Gesellschaft im Sinne der UN-Konvention", hielt Landau fest und forderte ausreichend bedarfsgerechte und inklusive Regelschulplätze sowie deren gesetzliche Verankerung anstelle von separater Beschulung in Sonderschulen: "Nur so werden inklusive Schulen in der Förderlogik der Länder und des Bundes Eingang finden - denn die Weiterführung eines Sonderschulsystems steht klar im Gegensatz zur UN-Behindertenrechtskonvention."
Lohn statt Taschengeld
Immer wieder aufgeschoben seien auch notwendige Maßnahmen für einen chancengerechten Zugang zum Arbeitsmarkt. Entsprechend begrüßte Landau die mit Jänner 2024 startende Anhebung der Überprüfung der Arbeitsfähigkeit auf 25 Jahre ausdrücklich, betonte aber gleichzeitig die Dringlichkeit der Existenzsicherung für Menschen, die etwa in Werkstätten beschäftigt sind: "Die getanen Schritte hin zu einem inklusiven Arbeitsmarkt sind enorm wichtig, reichen aber nicht aus. Es wird weiterhin notwendig sein, sinnstiftende Beschäftigungen in Werkstätten zu fördern. Es ist ein Gebot der Stunde, endlich weg vom Taschengeld und hin zu existenzsichernden Löhnen bzw. Gehältern zu kommen sowie eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung zu garantieren." Das wäre nicht nur dringend notwendig im Sinne der Betroffenen, sondern sei auch eine menschenrechtlich gültige Vorgabe der UN-Behindertenrechtskonvention, so Landau.
Abschließend betonte Landau die auch in der Zukunft notwendige politische Priorisierung des Themas. Aus Erfahrung wisse die Caritas, dass Menschen mit Behinderungen oft ein Leben lang von öffentlicher und familiärer Unterstützung abhängig und bis ins hohe Alter rechtlich einem Kind gleichgestellt seien. "Für die Betroffenen ist das beschämend. Es führt auch dazu, dass viele Menschen mit Behinderungen von Armut bedroht sind." Zusätzlich wirkten sich diese Umstände auf Selbstwert und Identität aus. Landau: "Mein dringender Appell ist daher, die UN-Behindertenrechtskonvention ernsthaft und mit ausreichenden Mitteln ausgestattet umzusetzen. Wir können die Situation für Menschen mit Behinderungen ändern und eine inklusive Gesellschaft fördern. Es ist eine Frage des Wollens und nicht des Könnens."
Quelle: kathpress