Kirchliche Schwangerenberatung: Handlungsoptionen und Begleitung geben
Eine Schwangerschaft ist neben Hoffnungen und Erwartungen oft auch mit vielen Sorgen und Nöten verbunden, für welche Eltern vor allem Ansprechpartner brauchen: Das haben Leiterinnen mehrerer kirchlicher oder kirchennaher Beratungseinrichtungen gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress dargelegt. Erst recht bei Konfliktschwangerschaften dürften Probleme nicht tabuisiert werden, so der Tenor. Auch heikle Themen müsse man mit Betroffenen "ohne pauschale Verurteilung ansprechen und Handlungsoptionen geben", erklärte etwa Gabriele Oberhumer vom Beratungszentrum für Schwangere der Caritas Steiermark.
Zwischen "Schock und Glückseligkeit" liege die erste Reaktion auf eine Schwangerschaft, meist stelle sie jedoch ein "einschneidendes Erlebnis" dar - für Frauen noch stärker als für Männer, so Oberhumer. Verunsicherung mische sich oft dann dazu, wenn die Schwangerschaft ungeplant sei oder wenn es in der Partnerschaft "krisle". Oft gelte es, angesichts des hohen Selbstanspruchs vieler Mütter realistische Erwartungen zu entwickeln, die einer späteren Wochenbettdepression vorbeugen. Viele Frauen kämen zudem auch mit finanziellen Sorgen, Zukunftsängsten oder Problemen mit ihrer aktuellen Wohnsituation in die Beratungsstellen - oder aber mit dem unerfüllten Kinderwunsch, für den es bei der Caritas ebenfalls psychosoziale Unterstützung gibt.
Kompetent und sachlich müsse die Beratung und Hilfe für Frauen in Schwangerschaftskonflikten vor allem sein, so das Fazit der Beratungsstellen-Leiterin. Mit Unterstützung von Sozialarbeiterinnen, Psychologinnen, Pädagoginnen und Juristinnen suche man mit den Betroffenen nach Lösungen. Oberhumers multiprofessionelles fünfköpfiges Team bei der Caritas Steiermark führt jährlich an die 3.000 Beratungen, den größten Teil davon im Großraum Graz.
Gesprächspartner sein
Dass es heute weithin zu wenig Sensibilität für Schwangere in Notsituationen gibt, befand "Aktion Leben"-Generalsekretärin Martina Kronthaler. Zwar gebe es heute Hilfen wie Kinderbetreuungsgeld oder Papa-Monat, doch sei eine ungeplante Schwangerschaft besonders für Frauen in prekären Lebenssituationen, in schwierigen Partnerschaften oder in Ausbildung weiterhin eine schwierige Situation, die manchmal einen "Schock" auslöse. "Frauen, deren Partner keine Verantwortung übernehmen, brauchen noch mehr die Solidarität von uns allen. Da fehlt es nach wie vor an vielem", so die Generalsekretärin.
Wenn die Schwangerschaft ambivalente Gefühle oder gar einen "Schockzustand" auslöst, sei vor allem "jemand zum Reden" vonnöten, so die Erfahrung der Aktion Leben, die 1978 mit Beratung und Unterstützungsangebote für Schwangere und deren Familien begonnen hat. 1.000 Frauen nehmen die kostenlose Beratung des überkonfessionellen Vereins jährlich in Anspruch. Auch Kronthaler sah die Politik gefordert: Notwendig wäre etwa eine öffentlich finanzierte Hotline für Schwangere als erste Anlaufstelle für Fragen und Sorgen.
Hilfe besonders für junge Mütter
Einblicke in die Lebenssituation von sehr jungen Schwangeren gab Klaudia Awad-Logar von der Einrichtung "YoungMum" im St. Josef Krankenhaus in Wien-Hietzing. Manche Betroffene hätten keinen Rückhalt in der Familie, "müssen die Schule oder Ausbildung abbrechen, und auch gesellschaftlich weht ihnen in vielen Situationen Gegenwind entgegen", berichtete die Hebamme. Es gäbe auch Fälle, in denen junge Frauen ihre Schwangerschaft vor der eigenen Familie verbergen müssten. "Die jungen Frauen haben die Eigenschaft, sich flexibel auf schwierige oder unerwartete Situationen einstellen zu können", meinte Awad-Logar. Gleichzeitig herrsche auch bei ihnen oft eine Ambivalenz zwischen Vorfreude, Angst und Überforderung vor.
Pro Jahr werden in Österreich rund 1.700 Babys von Teenager-Müttern auf die Welt gebracht, allein in Wien sollen es rund 500 sein. Bei "YoungMum" unterstützt ein Expertenteam von Hebammen, Gynäkologinnen und Gynäkologen, eine Psychologin sowie eine Sozialarbeiterin und ein Rechtsberater Frauen bis 20 Jahren unentgeltlich. Mehr als 2.300 junge Frauen und ihre Kinder wurden seit der Gründung der spendenfinanzierten Einrichtung im Jahr 2003 unentgeltlich betreut.
In Kooperation mit anderen Organisationen wird auch bei der Suche nach Wohnmöglichkeiten geholfen. "Wir bemerken seit Längerem, dass Frauen mit kleinen Kindern unter vielen Anforderungen, hohen finanziellen Druck und Sorgen rund um Wohnen und Arbeit leiden. Hier wünsche ich mir eine Entlastung und Abscherung für Betroffene", so Award-Logar. Bei jungen Frauen kämen Zukunftsängste, Perspektivlosigkeit oder schwierige Familienkonstellationen hinzu: "Umso wichtiger ist es, dass Frauen lernen, ihre Wünsche und Ängste zu benennen."
Anonyme Geburt
Neben einer individuellen engmaschigen Begleitung bis zum ersten Geburtstag des Kindes bietet "Young Mum" auch die Möglichkeit einer anonymen Geburt. "Schwangere, die ihr Kind nach der Geburt zur Adoption freigeben, können bei uns trotzdem alle Schwangerschaftsuntersuchungen im Rahmen des Eltern-Kind-Passes anonym und kostenfrei machen", erklärt Award-Logar, seit 18 Jahren in der Einrichtung tätig. Außerdem erhalten Betroffene Unterstützung bei rechtlichen Fragen. (Link: www.young-mum.at)
Kirchliche Angebote in ganz Österreich
Auch weitere Hilfs- und Beratungsstellen aus dem kirchlichen oder kirchennahen Bereich bieten Schwangeren oder jungen Eltern multiprofessionelle Beratungen. So betreibt beispielsweise in Wien auch die diözesane St. Elisabeth-Stiftung eine Familien-, Rechts- und Schwangerenberatungsstelle. Ähnlich gibt auch das von der Bischofskonferenz getragene Institut für Ehe und Familie (IEF) kostenlos Unterstützung von Schwangeren und werdenden Eltern durch von Ehe-, Familien- und Lebensberaterinnen und -berater, etwa zu Themen rund um Familie, Schwangerschaft, Beziehung und Erziehung.
Die Erzdiözese Wien bietet weiters in Wien und dem östlichen Niederösterreich mit in ihren "AUFLEBEN"-Stellen der kategorialen Seelsorge Beratungen u.a. in Schwangerschaftskonflikten. Auch bei der Caritas der Diözese St. Pölten gibt es im Fachbereich "Familienberatung & Psychotherapie" kostenlose Schwangerenberatung. In der Diözese Linz hat die katholische Kirche mit "Beziehungleben" ein Familienberatungsnetzwerk etabliert, das sich über ganz Oberösterreich spannt. Themen sind die Bewältigung von Krisen sowie "schwanger sein und nicht mehr weiterwissen".
In Salzburg bietet das Seelsorgeamt der katholischen Erzdiözese Partner-, Familien- und Lebensberatung an sieben Standorten; darunter fällt auch Beratung, wenn "eine Schwangerschaft Sie vor schwierige Fragen stellt". Auch in den Diözesen Innsbruck und Feldkirch gibt es Beratungsangebote für Schwangere. Im Burgenland hat die Caritas der Diözese Eisenstadt mehrere Familien-, Paar- und Lebensberatungsstellen, die auch bei Konflikten in der Schwangerschaft unterstützt, die evangelische Diözese Burgenland berät ebenfalls.
Quelle: kathpress