Zulehner: Kirchenreform braucht "mutige Vorreiter"
Kirchenreformen brauchen "mutige Vorreiter". Das lehre ein Blick zurück in die Kirchengeschichte ebenso wie ein Blick auf laufende Reformprojekte wie den deutschen Synodalen Weg. Das hat der Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner in einem Blogbeitrag betont, mit dem er auf die jüngste Antwort von Papst Franziskus auf einen Brief von vier deutschen Theologinnen reagierte. In dem Brief hatten die Theologinnen sich besorgt gezeigt, dass der Synodale Weg die Einheit der Kirche gefährde. Papst Franziskus hatte geschrieben, er teile diese Sorge. Zulehner verteidigte das deutsche Reformprojekt gegen die Kritik: "Die deutsche Kirche leistet Pionierarbeit".
"Traditionsbesorgter Widerstand" sei erwartbar, schrieb Zulehner auf seinem Blog - aber das sei zugleich "auch ein Zeichen dafür, dass sich an einer Stelle der Weltkirche eine Entwicklung anbahnt, die wohl nach und nach auch die Weltkirche erfassen kann und vermutlich auch wird". Dass Franziskus den Theologinnen geantwortet hat, sei ein "Zeichen von Respekt und Höflichkeit". Vielleicht wolle er damit auch jene beruhigen, "die seine eigene Weltsynode permanent kritisieren und für häretisch ansehen. Aus seinen Erfahrungen mit Amoris laetitia weiß er aber, dass Traditionsbesorgnis die fälligen Entwicklungen letztlich nicht aufhalten wird."
Mutige Vorreiter von Reformen seien etwa der Ordensmann Pius Parsch (1884-1954) gewesen, der die "grandiose liturgische Reform" des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) mit seinen eigenen Ansätzen einer Volksliturgie letztlich vorbereitet hat, der Innsbrucker Jesuit Karl Rahner (1904-1984) sowie der Wiener Erzbischof, Kardinal Franz König (1905-2004), der sich schon lange vor "Amoris laetitia" von Papst Franziskus für eine Einzelfalllösung bei der Frage des Zugangs wiederverheiratet Geschiedener zu den Sakramenten ausgesprochen hatte. Diesbezüglich erinnerte Zulehner an eine entsprechende Erklärung der Österreichischen Bischöfe zum Abschluss der Bischofssynode 1980.
Papst Johannes Paul II. hatte diese Lösung schließlich abgelehnt. "Es dauerte dann bis 2015, als Papst Franziskus in Amoris laetitia wenigstens in einer Fußnote ein Hintreten zu den Sakramenten im Einzelfall für möglich ansah." Zulehner abschließend: "Ich selbst hatte in meiner Passauer Zeit übrigens auch ein Monitum der Glaubenskongregation erhalten, weil ich in meinem Buch 'Scheidung, was dann?' die österreichische Erklärung für theologisch zulässig bezeichnet hatte. Wir waren zu früh dran."
Quelle: kathpress