Landau kandidiert nicht mehr als Caritas-Präsident
Nach zehn Jahren an der Spitze der Caritas Österreich wird Michael Landau nicht neuerlich für das Amt des Caritas-Präsidenten kandidieren. Das teilte Landau am Samstag im Ö1-Mittagsjournal sowie in einer Presseaussendung der Caritas mit. Mit dem Ende seiner Amtsperiode am 31. Jänner 2024 wird er sein Amt als Caritas-Präsident niederlegen. "Es waren zehn aufregende, intensive und auch schöne Jahre. Aber nach zehn Jahren als Präsident und mehr als 28 Jahren in der Caritas in Österreich ist es an der Zeit, dieses Amt in einer guten Art und Weise zu übergeben", wird Landau in der Aussendung zitiert. Ein Nachfolger soll im Rahmen einer Vollversammlung am 21. November in Vorarlberg gewählt werden. Zur Wahl stehen weiters auch die Vizepräsidentschaft sowie zwei weitere Präsidiumsmitglieder.
Kardinal Christoph Schönborn dankte Landau für die langjährige enge Zusammenarbeit. "Wer Michael Landau kennt, weiß: Er ist die Caritas. Und wer die Caritas kennt, ahnt: Eine Caritas ohne Michael Landau ist im ersten Moment nur schwer vorstellbar." Auch über Meinungsverschiedenheiten hinweg habe Landau stets "das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen" versucht. Schönborn wörtlich: "In all den Jahren unserer Zusammenarbeit hat Michael Landau stets mein vollstes Vertrauen genossen - gerade auch dann, wenn Dritte versucht gewesen sein sollten, auseinanderzudividieren, was zusammengehört: Caritas und Kirche."
Der Caritas bleibt Landau jedoch weiterhin erhalten: So wurde der 63-jährige Wiener im Vorjahr etwa einstimmig bis 2027 als Präsident der Caritas Europa bestätigt. "Dieser Aufgabe werde ich mich weiterhin mit voller Kraft widmen", so Landau. "Globale Herausforderungen wie Kriege, die Klimakrise, der weltweite Hunger oder zunehmende Armut erfordern auch globale Antworten. Die Caritas Europa soll hier einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie die Interessen von Menschen in Not länderübergreifend vertritt und den sozialen Zusammenhalt in den einzelnen Staaten selbst stärkt."
"Es ist der richtige Zeitpunkt"
Es sei "der richtige Zeitpunkt", das Amt in andere Hände zu legen, so Landau im Ö1-Interview am Samstag. Rückblickend sei vieles gelungen in den zehn Jahren, die er als Präsident tätig war - auch wenn es weiter Baustellen wie die Pflegereform oder auch die Sozialhilfereform gebe. Hier zeige sich, dass die Entscheidungen der vorigen Regierung jetzt dazu führen, dass viele Menschen sich das Leben kaum noch leisten können, verwies Landau etwa auf Mindestpensionisten oder auch Arbeitslose.
Einen "Nachdenkbedarf" ortete Landau im Bereich der Bekämpfung des Antisemitismus. Auch wenn er den Eindruck habe, dass die Regierung hier deutliche Worte finde und jede Form des Antisemitismus klar verurteile, so müsse man schon die Frage stellen, ob es Versäumnisse im Bereich etwa der Integration in den letzten Jahren gegeben habe. Gesellschaftliche Werten wie Respekt und Toleranz würden einen "Grundkonsens" darstellen, den man "von allen, die hier Heimat finden wollen, erwarten darf", so Landau.
Gefragt nach einem möglichen Nachfolger bzw. Nachfolgerin sagte Landau, dass es ein "gutes Signal nach Außen und Innen" wäre, wenn der in den letzten Jahren verfolgte Weg, Frauen in Leitungsfunktionen einzusetzen, auch weiter beschritten würde. Dies bedeute jedoch gewiss nicht, der freien Wahl in der kommenden Woche vorauszugreifen.
Landau dankte in der Presseaussendung den rund 17.700 Mitarbeitenden und knapp 46.000 Freiwilligen, die sich für die Caritas in ganz Österreich engagieren. "Mehr als ich die Caritas haben all diese Menschen mich geprägt. Für diese Erfahrungen und die vielen Begegnungen bin ich unendlich dankbar. Ich bin überzeugt, dass die Caritas auch weiterhin für sehr viele Menschen einen konkreten Unterschied machen wird - rund um die Uhr und rund um die Welt."
"Wir werden mehr und nicht weniger Europa brauchen"
Zu seinem Rückzug von der Caritas-Spitze Ende Jänner 2024 und zu offenen Baustellen äußerte sich Landau am Sonntag schließlich auch im Interview mit der "Kronenzeitung". Die sozialen und politischen Herausforderungen werden künftig nach mehr und nicht nach weniger Europa verlangen, betonte Landau - und er unterstrich damit zugleich, dass ihm seine Aufgabe als Präsident von Caritas Europa auch nach seinem Ausscheiden als Präsident der Caritas Österreich Ende Jänner 2024 sehr am Herzen liegt: "Im Hinblick auf die Herausforderungen, die da sind, werden wir in Zukunft mehr und nicht weniger Europa brauchen. Klimakrise, soziale Krise: Diese Aufgaben lassen sich nicht auf nationaler Ebene lösen. Das gilt auch für die Themen Armut und Pflege. Da kann Österreich in das Netz von 49 Mitgliedsorganisationen in 46 Ländern viel einbringen."
Sein Ausscheiden als Caritas-Präsident in Österreich begründete Landau u.a. damit, dass es nach 10 Jahren als Caritas-Präsident und 28 Jahren in Leitungsfunktionen nun "Zeit für einen Generationenwechsel" sei. Es sei vieles gelungen in diesen 10 Jahren, die Caritas sei "heute mehr denn je mit der lebendigen Zivilgesellschaft verwoben" und zu einem "Nahversorger der Solidarität und Nächstenliebe" geworden.
Landau nutzte den heutigen "Welttag der Armen" aber auch zu Kritik an einer mangelhaften Armutsbekämpfung im Land: Die Zahl der akut von Armut betroffenen Menschen habe auch hierzulande zugenommen. "In Österreich muss zwar niemand verhungern und erfrieren, aber es gibt auch bei uns Menschen, die in ihren Wohnungen frieren und die vor der Frage stehen, ob sie das wenige Geld, das sie haben, für Essen oder fürs Heizen verwenden sollen." Vor diesem Hintergrund halte er den Plan von SPÖ-Chef Andreas Babler, jedem Kind eine warme Mahlzeit pro Tag zu garantieren, für "sinnvoll": "Denn natürlich gibt es Kinder, die ohne Frühstück in die Schule kommen oder die kein Essen erwartet, wenn sie nach Hause kommen. Aber der Subtext, dass das Land jetzt den Bach runtergeht, ist falsch."
Bei der Frage gelingender Integration zeigte sich Landau offen, über die Frage verbindlicher Werte zu diskutieren. Wobei eine bloße Unterschrift unter einem Kodex dazu nicht genügen werde: "Es geht darum, dass Asylwerber unsere Werte mittragen. Das gelingt durch Teilhabe. Aber klar ist auch: Wer dieses Angebot nicht annehmen möchte oder sich sogar dagegenstellt, der sollte woanders leben. Nicht jeder, der Asyl beantragt, kann auch Asyl erhalten. Da hat Österreich vielleicht nicht gut genug hingeschaut."
Im Blick auf seine eigene Zukunft wies Landau alle Spekulationen über höhere kirchliche Ämter von sich. Gefragt, ob er als Nachfolger von Kardinal Christoph Schönborn als Erzbischof von Wien oder als Wiener Generalvikar gehandelt werde, sagte Landau: "Weder das eine noch das andere ist etwas, das am Radar ist."
Die Caritas ist eine der größten Hilfsorganisationen des Landes und mehr als 1.600 Standorten in Österreich. Sie engagiert sich im Kampf gegen Armut, in der Obdachlosenhilfe, im Bildungsbereich oder in der Hospizarbeit. Sie unterhält außerdem u.a. 71 Sozialberatungsstellen in ganz Österreich. Neben ihrer Arbeit im Inland ist die Caritas auch im Ausland im Einsatz - sowohl in der Akut- und Katastrophenhilfe als auch in der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit. Aktuell besonders gefordert ist die Hilfsorganisation beispielsweise in der Ukraine, aber auch in der Republik Moldau, im Nahen Osten oder in Ländern der Subsahararegion.
Michael Landau ist Priester und neben seinem Studium der Theologie promovierte er auch als Biochemiker. Der 63-Jährige ist seit 28 Jahren für die Caritas in Österreich im Einsatz - zunächst mehr als 25 Jahre als Caritasdirektor der Erzdiözese Wien und seit 2013 zusätzlich als Präsident der Caritas Österreich. Seit 2020 ist er auch Präsident der Caritas Europa und in dieser Funktion im Vorjahr bis 2027 einstimmig wiedergewählt worden. Im Frühjahr des heurigen Jahres hatte Landau die Leitung der Caritas der Erzdiözese Wien an Alexander Bodmann und Klaus Schwertner übergeben.
Quelle: kathpress