Expertin: Klöster heute als "Andersorte" hochrelevant
Nicht nur Ordensgemeinschaften, sondern auch die Gesellschaft profitiert davon, wenn Klöster sich öffnen und um zeitgemäße Vermittlung ihrer Sakralräume und Kulturgüter bemühen: Das hat die neue Leiterin der Arbeitsgemeinschaft "Kulturvermittlung" bei der Österreichischen Ordenskonferenz, Martina Resch, dargelegt. "Klöster sind Orte einer intensiv gelebten religiösen Praxis. Diese 'Andersorte' gilt es gerade heute als Ressource zu erschließen", sagte die Linzer Theologin am Freitag im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress.
Die säkular geprägte Generation der Gegenwart verstehe das ikonografische und religiöse Vokabular kaum noch, bemerkte Resch. Die Sehnsucht nach Transzendenz sei aber auch in der "schnelllebigen Zeit" nicht abhandengekommen. Im Gegenteil: "Menschen von heute sind oft nicht mehr religiös sozialisiert und der Reibungspunkt früherer Generationen fehlt. Sie sind oft neugierig, was in Klöstern passiert. Viele hoffen, in deren Balance von Aktion und Kontemplation Ressourcen für die eigene Lebensgestaltung zu entdecken." Kleine Willkommensgesten - eine offene Klostertür oder eine Gesprächseinladung - würden daher wahrgenommen.
Aus der Sicht von Ordensgemeinschaften sei es wichtig, "Anknüpfungspunkte" bereitzustellen, wobei die Kulturgüter laut Resch solche sein können. Diese bräuchten freilich "Übersetzung": "Klöster müssen ihre Schätze ins Wort bringen und geeignete Formen finden, um beispielsweise die Geschichte ihrer Ordensgründerin auf neue Weise zu erzählen." Auch geeignete Räumlichkeiten, sensibles Vorgehen, sich Zeit zu nehmen, das Zulassen von Emotionen und ein "Hinhören auf beiden Seiten" seien vonnöten. "Und statt einer Haltung, 'wir kommen und zeigen euch, wie es geht', braucht es zunächst die Bereitschaft, vom anderen zu lernen, damit Neues entstehen kann."
Als ein Beispiel, wohin Offenheit führen kann, nannte die hauptberufliche Assistentin für Fundamentaltheologie und Dogmatik der KU Linz Zukunftsvisionen für Kooperationen zwischen Ordensgemeinschaften und Kunstschaffenden. So könnten in "artists in residence"-Projekten Kunst- und Kulturschaffende als Beobachtende und Mitlebende in Ordensgemeinschaften kleine ästhetische Interventionen anstoßen, um neue Begegnungsräume zu eröffnen. Klöster seien nicht zuletzt "Übungsfelder für die großen Fragen, wie: Was ist sinnerfülltes, heilvolles Leben? Was ist Beten, Glauben, Zweifeln, Gnade und Erlösung?", so die Expertin.
Die ARGE Kulturvermittlung - früher "Kirchenpädagogik" - will den Ordensgemeinschaften für diese Anliegen Ansprechstelle sein und bei Bedarf Beratung und Expertise dank guter Vernetzung bieten. "Wir wollen den Blick auf die lebendige Ordenskultur, auf das materielle und immaterielle Erbe der Gemeinschaften lenken. Dabei muss es nicht immer um die große touristische Führung durchs Kloster gehen. Auch auf kleine Begegnungen und die Schaffung von Begegnungsorten kommt es an", so die Erfahrung von Karin Mayer als Leiterin des Bereichs Kultur und Dokumentation der Österreichischen Ordenskonferenz, bei dem die ARGE Kulturvermittlung angesiedelt ist.
Erstes Großprojekt von Martina Resch in ihrer neuen Aufgabe bei der Ordenskonferenz ist die Ausrichtung der Jahrestagung der ARGE Kulturvermittlung am 6. Mai 2024 bei den Elisabethinen in Linz. Neben Praxiseinheiten zu Kirchenpädagogik wird es inhaltlich darum gehen, wie Orden mit ihrer Außenwelt in Beziehung treten, kündigte die Theologin an. Ausgangspunkt sind dabei Ansätze des Philosophen Hartmut Rosa über Resonanz und gelingendes Leben. "Ich glaube, dass Ordensgemeinschaften viel zu diesem Gelingen beitragen können", so das Credo der Kulturvermittlerin.
Quelle: kathpress