Kardinal-Innitzer-Preise vergeben
Preise an Theologen Zulehner und Physiker Binder verliehen
Kardinal-Innitzer-Preise vergeben
Preise an Theologen Zulehner und Physiker Binder verliehen
Die Erzdiözese Wien ehrt alljährlich wissenschaftliche Spitzenleistungen in Geistes- und Naturwissenschaften sowie in der Publizistik mit den renommierten "Kardinal-Innitzer-Preisen". Die Hauptpreise gingen heuer an den Wiener Theologen Prof. Paul M. Zulehner (83) und posthum an den 2022 verstorbenen Physiker Kurt Binder. Darüber hinaus wurden drei Würdigungs- und acht Förderpreise vergeben. Verliehen wurden die Preise am Samstag im Wiener Erzbischöflichen Palais von Kardinal Christoph Schönborn.
Schönborn betonte in seiner Begrüßung die enge Verbindung von Theologie und Wissenschaft. Er sei "nach wie vor der Meinung, dass Theologie eine Wissenschaft ist" und dass es sinnvoll sei, wissenschaftlich und vernunftbasiert über Religion nachzudenken. Insofern habe "kritisches Nachdenken über Gott und die Welt einen Platz in der Familie der Wissenschaften", so Schönborn.
Der Wiener Pastoraltheologe, Religionssoziologe und Werteforscher Paul M. Zulehner ist einer der bekanntesten Theologen Österreichs. Er lehrte von 1984 bis zu seiner Emeritierung 2008 an der Universität Wien. Darüber hinaus ist er hochproduktiver Autor, Vortragender und Kommentator u.a. für den ORF. Zulehner erhält den Innitzer-Preis für sein Lebenswerk.
Die Laudatio für Prof. Zulehner hielt der Vorstand des Instituts für Österreichisches und Internationales Steuerrecht der WU-Wien, Prof. Michael Lang. Lang würdigte Zulehner als einen gleichermaßen "außerordentlichen Wissenschaftler wie einen in jeder Hinsicht inspirierenden Menschen". Als solcher "brenne" er nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Kirche, der er stets in "loyaler Kritik" verbunden bleibe. "Wer Paul Zulehner zuhöre, auf den springt der Funke der Begeisterung über", so Lang. Entsprechend sei die Entscheidung zur Verleihung des großen Preises für sein Lebenswerk im Studienausschuss und Kuratorium des Innitzer-Studienfonds auch einstimmig gefallen.
Laudatio auf Kurt Binder
Kurt Binder (1944-2022) war ein weltweit führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der statistischen Physik der kondensierten Materie. Er starb am 27. September 2022 nach schwerer Krankheit, nachdem sich die Jury des Kardinal-Innitzer-Studienfonds entschieden hatte, Binder mit dem großen Innitzer-Preis für das wissenschaftliche Lebenswerk auszuzeichnen. Er wurde heuer posthum geehrt.
Kurt Binder sei ein Wissenschafter gewesen, der "beharrlich und unbeirrt von modernen Trends seine Ziele und Ideen verfolgte und somit nachhaltige Erkennnisse schuf", so der Physiker Prof. Gerhard Kahl in seiner Laudatio. Dieses "sich selbst Treu-Bleiben" sei eine der beeindruckendsten Charaktereigenschaften Binders gewesen. Als Wissenschafter sei er zudem oft ein Pionier gewesen, der mit seinen Visionen die Richtung zu neuen Forschungsbereichen vorgab.
Das wissenschaftliche Werk Kurt Binders umfasse mehr als 1.300 Publikationen, zahlreiche Bücher, die alle Standardwerke geworden sind und herausragende Zitierungsraten: in den letzten Dekaden des 20. Jahrhunderts rangierte Binder unter den 100 meistzitierten Wissenschaftern weltweit. Genauso wichtig wie die Wissenschaft selbst sei für Binder aber auch die bedingungslose Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gewesen, für den er ein großes Vorbild war. "Wir verneigen uns vor einem großen Wissenschaftler und großen Menschen", so Kahl.
Kirche im Umbau
Prof. Zulehner erinnerte in seinen Dankesworten an Papst Johannes Paul II. und den Namensgeber des Preises, Kardinal Theodor Innitzer. Johannes Paul II. soll 1979 auf dem Friedensplatz in Warschau gesagt haben: "Wer sein Knie vor Gott beugt, beugt es nie mehr vor der Partei". Kardinal Innitzer habe angesichts der totalitären Zugriffe des Nationalsozialismus auf Österreich und dessen Bevölkerung die politische Bedeutung der Anbetung nach kurzem Zaudern rasch erkannt und dann mutig praktiziert. "Was wäre es für ein Segen für unsere geplagte Welt, würden die Mächtigen vor all ihrem politischen Tun ihr Knie vor jenem Geheimnis beugen, das wir Gott nennen. Es ginge nicht derart dämonisch, ja geradezu teuflisch, sondern friedlicher und gerechter zu in unserer taumelnden Welt", so Zulehner.
Im Blick auf die Kirche befand Zulehner, dass diese sich weniger in einer Krise, sondern in einem tiefen Umbau ihrer Sozialgestalt befinde. Sie nähere sich wieder dem biblischen Normalfall: "Quantität weicht der Qualität, allerdings nur, wenn wir den Übergang meistern." Die Kirchen im Land würden sich dabei in der fatalen Versuchung befinden, lediglich ein strukturelles "downsizing der sterbenden Kirchengestalt" zu betreiben. Begleitet wird dies von einer Art "Kirchenimplosion". Es sei an der Zeit, "dass die Kirchen wieder die Leidenschaft Gottes für die Welt erfahrbar machen, so Zulehner: "Es wäre für mich ein pastoraltheologischer Albtraum, wäre die katholische Kirche rundum-reformiert, aber die taumelnde Welt zerbricht."
Dass die Kirche herausragende Personen aus nahezu allen universitären Disziplinen ehrt und auch fördert, zeugt von ihrer Entschlossenheit der Verantwortlichen, Glaube und Vernunft zusammenzuhalten, unterstrich Prof. Zulehner in seinen Dankesworten. Die Absicht, Glaube und Vernunft zusammenzuhalten, zeige sich auch in der Vielfalt der Disziplinen, in denen die acht mit dem Förderungspreis Geehrten tätig sind. Die Liste an Fächern reiche von der Historischen Musikwissenschaft über medizinische Fächer sowie die Quantenphysik hin zu theologischen Fächern. Fachlich bunt zusammengesetzt sei auch das Trio der mit den Würdigungspreisen Geehrten.
Würdigungs- und Förderpreise
Innitzer-Würdigungspreise gingen am Samstag an die Wiener Byzantinistin Prof. Claudia Rapp, die Pharmakologin und Rektorin der Universität Innsbruck, Prof. Veronika Sexl, sowie den Molekularbiologen, Autor und "Science Buster" Martin Moder. "Kardinal-Innitzer-Förderungspreise" gingen darüber hinaus an Benedikt Collinet (Universität Innsbruck), Philipp Haslinger (TU Wien), Ingeborg Zechner (Uni Graz) sowie an Andreas Mangold, David D'Andrea, Karin Trimmel und Daniel Moritz Felsenreich (alle: Med-Uni Wien) und Andreas Erhard Graßmann (KU Linz). Graßmann hat seit September 2023 den Lehrstuhl für Kirchenrecht an der Fakultät für Theologie der Katholischen Privat-Universität Linz inne. Eingereicht wurden heuer 40 Arbeiten.
Der nach Kardinal Theodor Innitzer (1875-1955) benannte Wissenschaftspreis ist eine der angesehensten Auszeichnungen dieser Art in Österreich. Er wird seit 1962 von der Erzdiözese Wien verliehen und vom Wissenschaftsministerium, mehreren Bundesländern, sowie von Banken, Versicherungen und der Wirtschaftskammer unterstützt.
Quelle: Kathpress