Polak: Soziales Engagement von Gläubigen stützt Demokratie
Christinnen und Christen sind von ihrer Glaubensüberzeugung her verpflichtet, sich für das Gemeinwesen und Gerechtigkeit einzusetzen - "und zwar sowohl für die strukturelle Gerechtigkeit als auch für die auf persönlicher Ebene". Mit dieser bei einer Diskussion auf "Kurier TV" formulierten Aussage wurde die Wiener Pastoraltheologin und Werteforscherin Regina Polak in der "Kurier"-Ausgabe am Sonntag zitiert. Sie war sich mit ihrer Gesprächspartnerin Maria Katharina Moser einig: Für die Direktorin der evangelischen Diakonie gilt die Leitfrage für Gläubige: "Wie ruft uns Gottes Gerechtigkeit in die Verantwortung? Was ist unser Beitrag dazu, dass das gelingt?"
Wie Kirchen die Demokratie stärken können, war Thema der im "Kurier" zusammengefassten Debatte, an der auch der Politikwissenschaftler Christoph Konrath von der Universität Salzburg teilnahm. Polak bezog sich dabei auf die jüngste Ausgabe der Europäischen Wertestudie (European Values Study - EVS), die im Zehnjahresabstand die Bevölkerung in Europa in ihren Werthaltungen beleuchtet. Bei den deklariert religiösen Befragten sei die autoritaristische Tendenz zu einem starken Führer abseits parlamentarischer Vorgaben überdurchschnittlich stark ausgeprägt. Allerdings, so Polak: Religiöse, die sich sozial engagieren, denken hier deutlich anders: "Sie schätzen die Demokratie im eigenen Land deutlich mehr und haben auch mehr Vertrauen ins Parlament."
Diakonie-Direktorin Moser betonte, es sei wichtig, dass sich Menschen als Teil einer Gesellschaft sehen und sozial integriert sind. Wesentlich dafür sei die Möglichkeit zur Teilhabe und Mitsprache sowie die Einsamkeit mindernde Gewissheit, sich an jemanden wenden zu können, wenn man ein Problem hat. Das hat laut Moser Auswirkungen auf die politische Einstellung: "Wenn ich mich in einer Gemeinschaft aufgefangen fühle, bin ich weniger darauf angewiesen, mir einen autoritären Führer vorzustellen."
Verbindendes und Entzweiendes
Politologe Konrath sah einen weiteren Vorteil sozialer Einbindung: "Es geht nicht nur um die praktische Erfahrung in vielen Gemeinschaften, die uns prägen und wo wir Demokratie einüben können. Gerade religiös geprägte Gruppen bieten die Chance, über Normen und Werte zu reden und zu lernen, diese zu begründen und sich einer Auseinandersetzung zu stellen." Das sei viel anstrengender, als das zu übernehmen, was Autoritäten vorschreiben, so der Experte.
Wobei Menschen, die aktiv in der Kirche sind, nicht immer einer Meinung sein müssen, wie Regina Polak hinwies. Insbesondere in der Frage des Umgangs mit Flüchtlingen seien "Gemeinden zerbrochen" und der Riss sogar durch Familien gegangen, sagte die Theologin.
Quelle: kathpress