Wien: "Votivkirche neu" wird am 26. November feierlich eröffnet
Die Votivkirche, der "Dom der Wiener Ringstraße", feiert am 26. November (Christkönigsonntag) mit einem Hochamt um 10.30 Uhr den Abschluss der vollständigen Innen- und Außenrenovierung, die ein Vierteljahrhundert währte. "Die 'ewige Baustelle der Erzdiözese Wien' ist endlich Geschichte! Die Votivkirche strahlt nach jahrzehntelanger Renovierung innen und außen wieder, sie ist wiederauferstanden", schrieb Pfarrer Joe Farrugia in der Einladung zur Festmesse am Patroziniumsfest der zweitgrößten Kirche der Bundeshauptstadt.
Farrugia leitet die Votivpfarre seit 1989. Die von 1856 bis 1879 erbaute Votivkirche, das älteste Gebäude der Ringstraße und das einzige Gotteshaus entlang des Prachtboulevards, war beim Amtsantritt des aus Malta stammenden Pfarrers verrußt und schmutzig. Kriegsschäden, Witterung und Rost hatten zu akuter Absturzgefahr von kleinen Türmen und Steinen geführt. Auch die wertvollen Fresken im Nazarener- und Frühjugendstil bröckelten ab. Der Plan einer Generalrenovierung sollte Abhilfe schaffen. Allein die Dacherneuerung durch Verlegung von 400.000 Steinschindeln, die aus Südamerika importiert wurden, dauerte zehn Jahre.
Zur Synergie-Nutzung wurde die Votivkirche in die diözesane St.Josefs-Stiftung für Baudenkmäler eingebracht, wodurch auch die Vorsteuer für das Baumaterial gespart werden konnte. Die Pfarre wurde zur Mieterin der Kirche, musste allerdings die gesamte Innenrenovierung finanzieren. Farrugia konnte sich dafür auf viele Sponsoren stützen.
Der Pfarrer gilt diesbezüglich als Pionier innerhalb der Kirche: Für die Sache Gottes begab er sich auch auf ungewohntes Terrain. So sorgte die Votivkirche bereits vor 20 Jahren mit einem gigantischen Megaboard an der Fassade für Aufsehen, was in weiterer Folge sogar ein Markenzeichen und auch anderswo - etwa am Stephansdom - nachgeahmt werden sollte. Trotz dieser Geschäftstüchtigkeit gab es Jahre, in denen der Renovierungsplan aufgrund von Geldmangel nicht umgesetzt werden konnte. Pfarrer Farrugia dankte in der Einladung für den 26. November an erster Stelle allen Kirchenbeitragszahlenden der Erzdiözese Wien. Denn durch sie habe der Löwenanteil für die Restaurierung aufgebracht werden können.
Dank zollte der Votivkirchen-Pfarrer auch der Stadt Wien, dem Bundesdenkmalamt und besonders Architekt Harald Gnilsen (bis zu seiner vor kurzem erfolgten Pensionierung Leiter des Bauamts der Erzdiözese Wien) und Baumeister Martin Sieger für ihre Beiträge zum erfolgreichen Abschluss des Projekts.
Weihe zur Silberhochzeit des Kaiserpaares
Die Votivkirche, die u.a. das österreichweit einzige Jägerstätter-Glasfenster aufweist, gilt als eines der bedeutendsten neogotischen Sakralbauwerke der Welt und als eines der erstrangigen Wahrzeichen Wiens. Als Architekt fungierte der anfangs erst 28-jährige Heinrich von Ferstel (1828-1883), den Anstoß gab ein aus nationalistischen Motiven verübtes - und misslungenes - Attentat auf Kaiser Franz Joseph am 18. Februar 1853 durch den ungarischen Schneidergesellen Janos Libenyi.
Dem Geist der Zeit entsprechend rief der Bruder des Kaisers, Erzherzog Ferdinand Maximilian (der spätere Kaiser von Mexiko), zum Dank für die Errettung des Monarchen und zur "geistlichen Sühne des Verbrechens" zum Bau einer "Votivkirche" auf. 300.000 Bürger folgten dem Spendenaufruf. Im neuen "Dom der Völker" hätten alle Nationen der Donaumonarchie ihre geistige und politische Heimat finden sollen. Als Bauwerk konnte die Votivkirche zwar abgeschlossen werden, ein "Dom der Völker" wurde die zur Silberhochzeit des Kaiserpaares 1879 von Kardinal Johann Kutschker geweihte Ringstraßenkathedrale aber nicht.
Wie der zeitgleich entstandene Linzer Dom wurde auch die Votivkirche als Denkmalkirche konzipiert, und zwar als Denkmal der Monarchie, der Familie Habsburg und der von ihr regierten Länder. Nicht nur der Skulpturenschmuck bezieht sich auf diese Bestimmung, auch die mit vielfältigen Themen geschmückten Wandmalereien im Inneren der Kirche nehmen darauf Bezug.
Ferstel orientierte sich an anderen europäischen Denkmalkirchen; bedeutendstes Vorbild dieser Idee war die Westminster Abbey in London. Naheliegend für Ferstel war deshalb, dass er für seinen Entwurf eine dreischiffige Basilika mit Chorumgang und Kapellenkranz wählte.
Jägerstätter mit zerrissener NS-Fahne
Die Kirche birgt im Inneren viele Schätze und auch ein zu fixen Eintrittszeiten geöffnetes Museum. Österreichweit bekannt ist vor allem das Jägerstätter-Fenster in der Kreuzkapelle. Das Fenster von 1970 ist das erste Sakralkunstwerk überhaupt, das das Martyrium des oberösterreichischen Bauern und Kriegsdienstverweigerers aufgriff. Franz Jägerstätter, 1943 hingerichtet und 2007 seliggesprochen, hält darauf eine zerrissene Hakenkreuzfahne in Händen.
Große Bedeutung für die in Wien lebenden Lateinamerikaner hat die Guadalupe-Kapelle in der Votivkirche. Das Gnadenbild wurde 1954 aufgestellt und geweiht. Die Idee zur Anfertigung eines Gnadenbildes von Guadalupe für die Votivkirche stammte bereits von ihrem Initiator Erzherzog Ferdinand Maximilian, der während seiner dreijährigen Zeit als Kaiser von Mexiko dieses Bild aufstellen lassen wollte. Doch erst nach dem Zweiten Weltkrieg sollte dieser Plan verwirklicht werden. Die Frau des österreichischen Gesandten in Mexiko trat dabei als Stifterin auf und gab die Herstellung des Gnadenbildes beim Maler Hans Schweiger - er schuf auch das dazu passende Glasfenster - in Auftrag.
Heute ist die Votivkirche Gottesdienstort für eine Pfarrgemeinde, die u.a. das Grätzel Universität-Rathaus-Parlament umfasst, sowie die Kirche der Internationalen Gemeinde der Tourismusseelsorge (Vienna International Religious Centre/VIRC). Beide Gemeinden werden von Joe Farrugia geleitet. (Info: www.votivkirche.at)
Quelle: kathpress