Erzbischöfe verurteilen Brandanschlag auf Wiener jüdischen Friedhof
Kardinal Christoph Schönhorn und der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, haben den Brandanschlag auf den jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs scharf verurteilt. Der Angriff auf die jüdische Zeremonienhalle sei "erschreckend", insbesondere, "so knapp vor dem 3. Jahrestag der Terrornacht vom 2. 11. 2020", schrieb Schönborn am Mittwoch auf X. "Mir ist das hohe Maß an Solidarität und Mitgefühl unvergesslich, das damals sichtbar wurde. Ich hoffe und bete, dass uns das auch in diesen Tagen gelingt", so der Wiener Erzbischof.
"Es sind Nachrichten, die uns als Kirche, als Christen, als Gesellschaft tief erschüttern. Die Schäden können repariert, die Graffiti beseitigt werden - aber die Gedanken und der Hass hinter dieser Tat müssen uns zu denken geben. Wir täuschen uns, wenn wir immer wieder meinen, solches sei begraben und gestorben, mit den Schuldigen aus vergangenen dunklen Tagen", betonte der Salzburger Erzbischof Lackner am Mittwoch gegenüber Kathpress. Als Kirche sei man "den jüdischen Gläubigen, in Österreich und auf der ganzen Welt, solidarisch verbunden und können nicht schweigen, wenn sie angegriffen werden".
Der Angriff der terroristischen Hamas auf Israel sei auch ein Angriff auf jüdisches Leben überall - "mit Entsetzen müssen wir nun feststellen, wie auch in unserer Heimat immer mehr antisemitische Attacken stattfinden", so der Erzbischof. "Die barbarische Attacke auf Israel, die so viele jüdische Opfer an einem einzigen Tag wie seit 1945 nicht mehr forderte, hat den Krieg gebracht." In ihm bezahlten immer auch Unschuldige, betonte Lackner.
"Als Kirche stehen wir immer für den Frieden, für das Recht auf Leben in Unversehrtheit. Dem Frieden sind wir verpflichtet, um ihn beten wir", so der Bischofskonferenzvorsitzende. "Das Heilige Land, die Heimstatt des jüdischen Volkes, ist uns als Christen auch Herkunftsort, denn unser Heiland stammte aus eben diesem Volk, dem sich der Ewige zuerst offenbart hat."
Chalupka: Mitgefühl und Solidarität
Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka hat den Brandanschlag auf dem jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs ebenfalls verurteilt. "Wer die Ruhe der Toten stört und Gräber schändet, will über das Leben hinaus Existenz und Erinnerung vernichten", schrieb der Bischof am Mittwoch auf X. "Den Jüdinnen und Juden, die um ihre Liebsten trauern und nun diese Schändung miterleben müssen, gehört unser Mitgefühl und unsere Solidarität", so Chalupka.
Oskar Deutsch, hatte am Mittwochmorgen auf der Plattform X berichtet, dass der Vorraum der Zeremonienhalle beim IV. Tor des Friedhofs ausgebrannt ist. "An Außenmauern wurden Hakenkreuze gesprayt. Personen kamen nicht zu Schaden." Die Ermittlungen laufen. Die Polizei geht von Brandstiftung aus.
Das Gebäude wurde vorübergehend behördlich gesperrt, hieß es in einer Aussendung der IKG. Es gebe erheblichen Sachschaden. Gräber könnten jedoch besucht werden. Laut Deutsch, sind durch den Brand "sehr wertvolle, alte Bücher und ein Thoraschrein ohne Thorarollen" zerstört worden. "Es ist einer von 165 bestätigten antisemitischen Vorfällen seit dem Massaker vom 7. Oktober", so Deutsch.
"Die Schändung von jüdischen Friedhöfen ist eine der feigsten und widerwärtigsten Formen von antisemitischer Gewalt", kritisierte Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister. "Bierflaschen und Hakenkreuze haben die Brandstifter hinterlassen. Ich hoffe, wir hören jetzt von niemandem die Worte: 'Lausbuben', 'Einzelfall' oder 'Halloween', um hier irgendetwas zu 'erklären'."
Die IKG und die zivilgesellschaftliche Initiative "#YesWeCare" laden zu einem Lichtermeer am Donnerstag (2.11.) um 18 Uhr am Wiener Heldenplatz ein: "Setzen Sie ein Zeichen gegen Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit. Für ein Ende der Angriffe auf Israel, das Judentum und die Demokratie, für die Befreiung aller Geiseln".
Van der Bellen: "Das muss aufhören"
Auch die Politik reagierte auf die Brandattacke schockiert: "Die Zahl der antisemitischen Vorfälle in Österreich ist in den letzten Wochen signifikant gestiegen. Das muss aufhören", forderte Bundespräsident Alexander Van der Bellen. "'Nie wieder' ist ein konkreter Auftrag an uns alle: Jüdinnen und Juden müssen in Österreich in Sicherheit leben können." Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) betonte: "Antisemitismus hat in unserer Gesellschaft keinen Platz. Wir stehen entschlossen auf der Seite der jüdischen Community in Österreich."
Auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verurteilte den "Anschlag auf den jüdischen Friedhof in Wien auf das Schärfste". Antisemitismus werde "mit allen politischen und rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft", versicherte er. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) sprach von einem "beschämenden Zeugnis von jenen, die die Werte unserer Gesellschaft mit Füßen treten" und versprach: "Wir werden uns für eine rasche Wiedereröffnung einsetzen".
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) war ebenfalls entsetzt: "Der antisemitische Brandanschlag am Zentralfriedhof ist ein weiterer Akt vollkommen inakzeptabler Aggression auf die Sicherheit jüdischen Lebens in Österreich." Jetzt seien die Ermittlungsbehörden gefordert, die Täter rasch auszuforschen und zur Rechenschaft zu ziehen. "Wir werden gemeinsam diese widerwärtigen Drohungen gegen die jüdische Kultur abwehren und jüdisches Leben in Österreich schützen." Die Tat sei "inakzeptabel" und "ein Weckruf, dass wir alle gegen Antisemitismus und Hass aufstehen müssen", sagte Justizministerin Alma Zadic (Grüne).
"Die Nachricht über den Brand im jüdischen Teil des Zentralfriedhofs erschüttert mich zutiefst", schrieb auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) auf der Plattform X. "Ein friedliches und respektvolles Zusammenleben hat in unserer Stadt oberste Priorität. Es ist unsere historische Verpflichtung, jüdisches Leben und jüdische Institutionen zu schützen."
Quelle: Kathpress