Kardinal Schönborn: Heilige machen Mut in "dramatischen Zeiten"
Angesichts der aktuellen "dramatischen Zeiten", die von Kriegen, Hungersnöten und Erdbeben geprägt seien, macht die Gemeinschaft der Heiligen "Mut, nach oben zu schauen". Diese Überzeugung hat Kardinal Christoph Schönborn bei der Festmesse zu Allerheiligen im Wiener Stephansdom am Mittwoch geteilt. "Wir sind sehr oft gebückt von den Sorgen des Alltags, heute dürfen wir hinaufschauen, zu den zahllosen Heiligen, die uns vorausgegangen sind", so der Wiener Erzbischof in seiner Predigt mit Verweis auf die 107 Heiligen, die alleine den Stephansdom schmückten.
"Heiligkeit ist nichts Unerreichbares, es geschieht im Alltag", so Schönborn. Heilige wirkten mit ihren Taten oft übermächtig und unerreichbar. Dabei habe etwa die Heilige Therese von Lisieux mit ihrem "kleinen Weg" vorgezeigt, dass es darum gehe, "in den kleinen Dingen des Alltags, die Liebe bewahren", erinnerte Schönborn an die französische Kirchenlehrerin, die heuer ihren 150. Geburtstag feiert.
Heilige eröffneten die Frage, "wie sieht mein Weg aus, ist es mir möglich, ein Heiliger zu werden?", so der Kardinal. "Alle Heiligen haben heute ihr Fest, die große Gemeinschaft der Heiligen ist uns viel zu wenig bewusst. Dass so viele da sind für uns."
Scheuer: "Nicht an den Katastrophen kleben"
Der Linzer Bischof hat zu Allerheiligen für mehr Optimismus angesichts der krisenhaften Zeiten plädiert. "Wir könnten auf die Krisen fixiert sein, an den Katastrophen kleben. Dann aber hätten wir keine Energie mehr für eine Veränderung. Dann würde uns die Kraft fehlen zum Handeln", sagte der Bischof am Mittwoch in seiner Predigt im Linzer Mariendom. So schaffe "die bloße Empörung" noch kein Vertrauen, ein eingeengter Blickwinkel führe zu einem Tunnelblick, zeigte sich Scheuer überzeugt.
Scheuer berichtete von einem Syrienbesuch im September, dort habe er Menschen kennengelernt, die von einer mehrfachen Entwurzelung gezeichnet gewesen seien. Die Kinder seien heimatlos, psychologisch und auch spirituell. "In der Lagersituation gibt es keinen Raum für sich selbst, gibt es keine Kinderrechte." So wüchsen die Kinder mit Angst auf, "im Bombenlärm, in der Krise, im Krieg und auf der Flucht", so Scheuer.
Und doch sei er etwa mit Pädagoginnen zusammengetroffen, die den Kindern ermöglichen wollen, etwas Schönes erleben. Das könne man vordergründig als "bloße Abwechslung verstehen", so Scheuer. "Das Wahrnehmen von Schönheit lässt aber ein versöhntes Sein ahnen. Freude, Schönheit und Hoffnung sind Lebensmittel. Zu Allerheiligen feiern wir das Leben inmitten der Krisen, auch inmitten des Todes. Und wir hören die Zusage Gottes: in allem, trotz allem. Es wird wieder gut."
Am 1. November feiert die katholische Kirche das Fest Allerheiligen. An diesem Festtag wird der Heiligen und Seligen der Kirche gedacht. Auf diese Weise sollen auch jene Heiligen in den Mittelpunkt gerückt werden, derer nicht durch eigene Feiertage gedacht wird und welche nicht im alltäglichen Bewusstsein präsent sind.
Theologisch steht das Fest in engem Bezug zu Ostern und der Auferstehung der Toten, da die Heiligen laut christlicher Überzeugung bereits in Gemeinschaft mit Gott stehen und die "Kirche des Himmels" bilden. Den Gläubigen soll das Gedenken Motivation sein, das eigene Leben intensiver im Sinne des Evangeliums zu leben und so einen Weg der "Heiligkeit" zu gehen.
Quelle: Kathpress