Theologin: In Debatte um Kirchenzukunft "vom Ich zum Wir kommen"
In den Beratungen um die Zukunft der katholischen Kirche "vom Ich zum Wir zu kommen" ist aus Sicht der Linzer Pastoraltheologin Klara-Antonia Csiszar die große Herausforderung im aktuellen Prozess der Weltsynode. Die am Wochenende im Vatikan beendete erste Versammlung der "Synode für Synodalität" habe ein Paradebeispiel für die theologische Betrachtung verschiedener Zugänge zur Kirchenreform geliefert, sagte die Theologin im Interview der Nachrichtenagentur Kathpress (Sonntag) in Rom.
Während für die einen wichtig sei, die Lehre bloß nicht zu ändern, wollten andere auf die Zeichen der Zeit schauen. Zur Kirchen-Erneuerung brauche man aber beide Teile, den "kairologischen" und den "kriteriologischen", so Csiszar. "Die große Herausforderung wird sein, wie diese zwei Zugänge aufeinander zugehen, um eine gute Zukunft für die Kirche zu bekommen." Wesentlich sei, auch die Anliegen anderer, die man nicht teilt, dennoch wahrzunehmen und zu respektieren. Dies gilt laut Csiszar nicht zuletzt für die Kirche in Europa.
Die an der Katholischen Privat-Universität (KU) Linz und einer Universität im rumänischen Cluj-Napoca lehrende Theologieprofessorin begleitete seit Anfang Oktober die im Vatikan tagende Versammlung als theologische Expertin und schrieb mit an Entwürfen für die zusammenfassenden Texte. Csiszar ist aber kein stimmberechtigtes Mitglied der Synode.
Theologie stärker einbeziehen
Die Beratungen und die theologische Arbeit über Themen wie Autorität in einer synodalen Kirche oder auch die Rolle der Frau werde weitergehen, kündigte die Theologin an. Das von den Synodenmitgliedern am Samstagabend beschlossene Synthesepapier enthalte konkrete Vorschläge, woran man bis zur nächsten Welt-Versammlung im Herbst 2024 zu arbeiten hat. "Und da sehe ich durchaus auch eine starke Botschaft an die theologische Community, wie sie sich da mehr einbringen kann."
Eine Erfahrung der vierwöchigen Synodenversammlung sei nämlich gewesen, dass Theologie eine kleinere Rolle gespielt habe, als manche das gern hätten. "Das hat auch einfach damit zu tun, dass Theologie nicht überall den gleichen Stellenwert hat, wie im deutschsprachigen Raum." Dennoch sollte die Kirche theologisches Know-how besser miteinbeziehen, so Csiszar. "Das Zweite Vatikanum wäre nicht vorstellbar, wenn wir nicht damals diese tiefe Theologie gehabt hätten, die die Erneuerung der Kirche langfristig bis heute prägt."
Kluft in Europa überwinden
Optimistisch ist die aus Rumänien stammende Theologin, dass die Synode zu einer Überwindung der Kluft und einem besseren Miteinander der Kirchen in West- und Osteuropa beitragen kann. Etliche Bischöfe aus Osteuropa etwa seien skeptisch in die Beratungen der Welt-Bischofssynode gegangen, bei der erstmals auch Laienkatholiken in größerem Umfang teilgenommen haben. Csiszar berichtete nun von positiven Rückmeldungen aus diesem Kreis der Synodenteilnehmenden.
Die Bischöfe hätten in Rom Kirche in ihrer Vielfalt und Katholizität erlebt, und in den Gesprächen mit Laien und Bischöfen aus anderen Ländern und Kontinenten, deren Lebenswirklichkeiten erkennen können. Auch die bei der Synode angewandte Gesprächsmethode der spirituellen Konversation sei auf großen Anklang gestoßen. "In der Kirche in Osteuropa ist immer wieder wichtig: Wenn es um Änderungen geht, darf das nicht nur auf kognitiver Ebene stattfinden. Wo der Heilige Geist explizit außen vor bleibt, wird's schwierig. Aber das gilt vielleicht auch in anderen Teilen der Welt."
Csiszars Fazit: "Wandel passiert, indem wir einander zuhören und nicht, indem wir immer alles besser wissen, wie es dem anderen geht." Es gelte im Gespräch miteinander zu bleiben, anstatt übereinander zu sprechen.
"Noch Luft nach oben"
Dass dies nicht nur für eine Seite gilt, machte die Theologin im Kathpress-Gespräch ebenfalls klar. Csiszar erinnerte an die Kontinentalversammlung der europäischen Kirche im vergangenen Februar in Prag. Dort seien Kirchen-Vertreter und -Vertreterinnen aus Westeuropa davon überrascht gewesen, wie die Kirche in Osteuropa denkt. Durch den synodalen Prozess sei man hier "einander ein Stück weit näher gerückt", so die Theologin. "Aber da gibt es noch Luft nach oben."
Auch hier sei die große Herausforderung: "Wie gehen wir mit Fragen um, wo wir meinen, die seien nicht unsere Themen. Können wir auf die Wirklichkeit so schauen, zum Beispiel in Osteuropa, dass wir auch jene Themen ein bisschen näher an uns heranlassen, die Themen für die Kirche in Westeuropa sind." Hier seien die Bischofskonferenzen, aber auch der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) gefragt, die Zeit bis zur nächsten Synode in Rom zu nutzen.
Quelle: kathpress